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Frauen und Männer schreiten in ihrer Tracht zum Wahllokal. Von den rund neun Millionen wahlberechtigten Bayern machten am Sonntag etwas mehr als die Hälfte von ihrem Recht Gebrauch.

Foto: APA/dpa/Stephan Jansen
Nürnberg/München - Der erwartete deutliche Sieg der CSU bei der bayerischen Landtagswahl war nach Expertenansicht einer der Hauptgründe für die geringe Beteiligung am Wahlsonntag. Angesichts der klaren Prognosen hätten vor allem SPD-Wähler für sich keinen Sinn in dem Urnengang gesehen, urteilte der Wahlforscher Reimar Zeh von der Universität Erlangen-Nürnberg am Montag. "Für sie schien die Wahl völlig überflüssig, da an der absoluten Mehrheit der CSU ohnehin kaum noch zu rütteln war", sagte Zeh.

Am Wahlsonntag war die Wahlbeteiligung im Vergleich zur Landtagswahl vor fünf Jahren um 12,5 Prozentpunkte auf 57,3 Prozent gesunken. Dies stellt eine der niedrigsten Wahlbeteiligungen in der Geschichte dieses Bundeslandes dar. Nach Zehs Einschätzung lässt sich eine solche geringe Wählermobilisierung allein mit der Politikverdrossenheit vieler Bürger nicht erklären.

Verunsicherung über die aktuellen Sozialreformen

Verstärkt habe den "Ich-kann-eh-nichts-mehr-ändern"-Effekt das schöne Wetter am Wahltag. Vor allem die Zielgruppe der Grünen und der SPD - hochgebildete, junge und beruflich erfolgreiche Wähler - sei am Wahlsonntag angesichts des sich abzeichnenden CSU-Wahlsiegs "lieber Mountainbike gefahren als ins Wahllokal gegangen", sagte der beim Institut für Kommunikations- und Politikwissenschaft der Wiso-Fakultät in Nürnberg beschäftigte Wissenschaftler: "Da sie wussten, dass sie eh nichts ändern konnten, gingen sie guten Gewissens anderen Beschäftigungen nach."

Demobilisierend habe die klare Ausgangslage auch für traditionelle SPD-Wähler gewirkt. Hinzu gekommen sei bei ihnen die Verunsicherung über die aktuellen Sozialreformen. "Diese Gruppe ist lieber zu Hause geblieben, weil sie keine Alternative zur SPD gesehen hat", sagte der Wahlforscher. Ergänzt worden sei diese zum Wahlverzicht führende Unzufriedenheit durch den "Maget-Effekt". Der Spitzenkandidat der SPD Franz Maget sei ganz offensichtlich selbst vielen SPD-Wählern zu farblos gewesen.

Verzichtbar

Hingegen hätten viele CSU-Wähler fest auf die Ausstrahlung von Spitzenkandidat Stoiber und die Siegesgewissheit der CSU vertraut und damit ihre persönliche Stimme für unbedeutend oder sogar für verzichtbar gehalten, sagte der Wahlforscher. Auch die Erfahrungen bei anderen Wahlen zeigten, dass Wähler vor allem bei tendenziell knappen Wahlausgängen mobilisierbar seien. "Die Leute müssen das Gefühl haben, dass ihr Stimme wichtig ist, dass es auf ihre einzelne Stimme ankommt. Und genau dieses Gefühl hatten bei der Bayernwahl am Sonntag offenbar nur wenige", gab der Wahlforscher zu bedenken. (APA/dpa)