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Bundeskanzler Schröder und der SPD-Spitzenkandidat bei den bayerischen Landtagswahlen, Franz Maget, vor der Pressekonferenz.

Foto: REUTERS/Michael Dalder
Keine Pressekonferenz, nur eine kurze Erklärung gab der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder am Montagmorgen in der SPD-Zentrale nach dem Wahldebakel für seine Partei in Bayern ab. In wenigen Sätzen stellte Schröder unmissverständlich klar, dass er an seiner Politik und dem eingeschlagenen Reformkurs festhalten wolle: Er habe "nicht die Absicht, an dem Kurs etwas zu ändern", so Schröder. "Wir müssen alle Kräfte der Partei, und ich betone alle, zusammennehmen, diesen schwierigen, aber richtigen und wichtigen Reformprozess durchzusetzen." Die Menschen hätten Angst vor Veränderungen, weil sie deren positive Auswirkungen noch nicht sähen.

"Soziale Gerechtigkeit"

Zuvor hatten sich schon innerparteiliche Kritiker formiert, die eine Kursänderung nach dem historischen Tiefstand der bayerischen SPD mit 19,6 Prozent und 60,7 Prozent für die CSU (Zweidrittelmehrheit im Landtag) forderten. Die Linken, die Jusos, Saarlands SPD-Chef Heiko Maas und Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin Heide Simonis forderten am deutlichsten Konsequenzen: "Wir müssen wieder mit der soziale Gerechtigkeit beschäftigen", verlangte Simonis vor der Sitzung der SPD-Parteiführung am Montag.

Zur Gesundheitsreform sagte Simonis: "Es kann nicht angehen, dass es nur allein die Beitragszahler Einschnitte hinnehmen müssen." Eine Erhöhung der Erbschaftssteuer wäre ein Signal, "auch die ganz Reichen werden drankommen", so Simonis. Maas machte die Bundespolitik für das Debakel der SPD in Bayern verantwortlich: "Das gilt für den Inhalt der Politik, aber auch für die Art, wie sie kommuniziert wird."

Auch bei den Unionsparteien CDU und CSU wurde über die Auswirkungen der Bayern-Wahl diskutiert. "Das Kräfteverhältnis hat sich nicht geändert", meinte CDU-Chefin Angela Merkel auf Fragen, ob sich im internen Machtgefüge zwischen ihr und dem bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef Edmund Stoiber etwas geändert habe. "Dass wir jetzt eine Strichliste führen würden und dann einer einen Schlag mehr hat, das glaube ich gar nicht. "Uns wird das nicht zum Abheben verleiten."

Merkel versuchte sogar, den Erfolg in Bayern kleinzureden: In Niedersachsen habe die CDU heuer einen Machtwechsel erreicht, und Roland Koch in Hessen ebenfalls die absolute Mehrheit. Im Bundesrat habe sich an den Mehrheitsverhältnissen zugunsten der Union nichts geändert. Sie sagte der rot-grünen Bundesregierung Unterstützung bei der Umsetzung der Reformen zu. "Das verpflichtet uns, unsere Handschrift deutlich zu machen."

Stoiber kündigte an, dass die CSU nun verstärkt Einfluss auf die Reformen der Regierung nehmen werde. Konkret wurde er dabei nicht. Die Union werde als "verantwortungsvolle Opposition" in Berlin alles tun, "damit der Karren durch die Unfähigkeit von Rot-Grün nicht völlig an die Wand gefahren wird".

Indirekt brachte Stoiber die Möglichkeit einer vorgezogenen Neuwahl des Bundestags ins Spiel. Er sprach von der nächsten Bundestagswahl "spätestens 2006". Führende CSU-Politiker wie der Chef der Landesgruppe in Berlin, Michael Glos, brachten erneut eine Kanzlerkandidatur Stoibers ins Gespräch. Hoffnungen darauf macht sich auch Merkel.

Zumindest das Mitspracherecht der CSU bei der Wahl des Bundespräsidenten im Mai wird gestärkt. Die SPD verlor durch die Bayern-Wahl in der Bundesversammlung neun Sitze, die Union gewann acht dazu. Rot-Grün fehlen damit 53 Stimmen zur Mehrheit in diesem Gremium. Dass er sich für das Amt des Bundespräsidenten bewerben wolle, schloss Stoiber jedoch am Montag erneut aus. (DER STANDARD, Printausgabe, 23.9.2003)