Bild nicht mehr verfügbar.

Agenten- und Polizeiserien sind angesagt. Familienserien waren es schon immer.
Foto: Reuters/Bensch
"Buffy the Vampire Slayer" oder "Ally McBeal" sind die Top-Shows vergangener Seasons. Neue Serien mit ähnlich starken Frauenfiguren sind keine in Sicht, zumindest nicht in diesem Herbst, wenn in den USA die brandneuen Serien bzw. die neuen Staffeln schon lancierter Serien anlaufen, unter welchen sich als Restposten "Alias" mit WonderWoman Jennifer Garner, "Judging Amy", "Crossing Jordan" und die unleidlichen Spelling-Hexen mit "Charmed", die mittlerweile in die fünfte Runde gehen, finden.

Denn Polizeiserien wie "10-8" oder ähnliche Formate ("Threat Matrix" zB) dominieren das Programm, und geht es um die individuelle oder erst recht um die Staatssicherheit, stellen die MacherInnen lieber die starken Jungs in die erste Reihe. Auf TerroristInnenjagd werden sie geschickt, Bomben sind zu entschärfen, politische Akteure (-innen ist eher fraglich) zu beschützen, das Private vor alledem abzuschirmen; was dem CTU-Agenten Jack Bauer, dem Helden der erst im September auch im deutschsprachigem Raum angelaufenen Serie "24" zum Beispiel nicht gelungen ist.

Opfer oder Hindernis. Oder beides

An "24" (FOX) lässt sich gut ersehen, dass Frauenrollen in diesem Genre unverzichtbar sind. Bloß fungieren sie mehr als Vermittlerinnen der privaten Lebenswelt des Helden und Dynamo für weitere Problemsituationen, in denen es für ihn firm zu handeln heisst, geht es doch um die Wurst namens Überleben: So bringt Kimberley, Jacks Tochter, das Gelingen der eigenen Entführung selbst auf den Weg; ihre Mutter Teri erleidet eine Amnesie, nachdem sie auf der Flucht vor auftragskillenden Rächern das Auto samt Tochter an einem Abhang parkt, das prompt abrutscht und expoldiert; Nina, CTU-Kollegin und Ex-Geliebte Jacks, ist für diese Tragödie indirekt verantwortlich, nachdem sie den Personenschutz für Teri und Kim dezimiert hat; Jamie, Programmiererin und Verräterin, richtet sich selbst, nachdem ihr Verrat aufgeflogen ist, und untergräbt somit schnelleres Vorgehen; die Senatoren-Gattin verschlimmert durch mütterliche Sorge um ihren Sohn die Lage ihres Mannes; ihre Tochter ist bislang ausschließlich als Vergewaltigungsopfer (neben Teri das zweite) eingeschrieben; eine Mitarbeiterin des Senators verrät ungewollt interne, sicherheitsgefährdende Informationen an einen der Killer, weil sie mit ihm schläft und sabotiert furiös beinahe seine Verhaftung. Die Frauen auf der Seite des Bösen kommen schon gar nicht gut weg: eine wird zu Beginn vom Beinah-Ober-Bösewicht exekutiert, war sie doch zu geldgierig und wollte zudem ein neues Leben mit der anderen, von ihr geliebten Bösen führen, die gleich mal nackt zu sehen war. Alles, was irgendwie zur Eskalation gelangte, wurde in dieser Serie bislang den Frauen zugeschrieben. Entweder waren sie Hindernis oder Opfer, und praktischerweise auch beides zugleich. Die Männer, zumindest die (ge)rechten, konnten sich dadurch als problemlösende, potente Akteure erweisen, die zudem durch diesen quasi karthartischen Prozess auch zur Einsicht (und Reue mit Option zur Besserung) über bisherige Fehler im zwischenmenschlichen Bereich gelangten. Dass einer Frau in "24" ähnliches Potenzial zugeschrieben wird, ist zumindest in der ersten Staffel nicht absehbar.

Weiberwirtschaft

Was die US-Serienlandschaft, aus der sich ein Großteil der eingekauften Produkte im ORF speist, in diesem Herbst an neuen Serien, die nicht auf Leading Ladies verzichtet, zu bieten hat, ist nicht spärlich - aber eine Tendenz zu einem bestimmten Genre ist eindeutig. Bis auf "Karen Sisco" (die Rolle, die Jennifer Lopez neben George Clooney in "Out of Sight" gab), Rachael Leigh Cook als FBI-Agentin in "Fearless" oder die zwei Polizistinnen aus "Cold Case" spielen Frauen in der familienfreundlichen Serienliga mit, die für nicht weniger oder mehr Qualität als das actionreichere Segment steht, aber einen Nachteil mit sich bringt: die Screen-Präsenz ist kürzer und weniger intensiv, da die meisten Genre-Serien nur im 30-Minuten-Format produziert werden.

Natürlich wäre es weit gefehlt, anzunehmen, dass Leading Ladies und Girls generell keine guten Zugstuten mehr wären - die Produktionsfirmen und Sendeanstalten wissen nur zu gut, dass Seherinnen zwischen 18 und 34 ein hoffnungsvolles Marktsegment darstellen, das besser nicht zu vernachlässigen ist - überhaupt, wenn sie so hochkarätig wie Whoopie Goldberg sind: NBC versucht es mit dem Star in einer 30-Minuten-Show, und Alicia Silverstone darf gar 60 Minuten pro Folge für den Sender als Kupplerin aus Leidenschaft ran. UPN lanciert eine SitCom mit der HipHopperin Eve in der Hauptrolle. FOX, die ehemalige Heimat von "Buffy", bevor die Serie auf UPN wechselte, zeigt die aus eben dieser Serie bekannte, weil zweite Jägerin, Faith, in einer Rolle als auszubildende Pathologin, die ganz berufsatypisch Leben rettet. Schließlich wird sie fähig sein, einen bescheidenen Zeitsprung in die Vergangenheit zu tun, um künftige PatientInnen vor dem Ende zu bewahren. Ansonsten setzen die Sender auf Variationen der Mutter-Vater-Kinder-Erzählung; was durchaus spannendes und innovatives Potenzial in sich tragen kann, wenn auch die Umsetzung gelingt, wie zB bei "Malcolm in the Middle". Also mal sehen. Oder weg-. (bto)