Wien - Kritik an den Umständen der Privatisierung von Wohnungen der staatlichen Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) übt der Rechnungshof (RH) in seinem am Donnerstag öffentlich gewordenen Wahrnehmungsbericht. Laut RH hat die BIG während der vergangenen Jahre an die eigenen Mieter teurer verkauft als an Dritte - dies obwohl die BIG laut Gesetz dazu verpflichtet gewesen wäre, vorrangig an die Mieter zu verkaufen.

"Vorrangig an Mieter"

Zusätzliche Brisanz erhalten die Rechnungshofäußerungen zu den BIG-Wohnungsverkäufen durch einen jüngsten Bericht der Stadtzeitung "Falter". Laut der Zeitung hat die ehemalige Kabinettschefin des damaligen Wirtschaftsministers Wolfgang Schüssel, die nunmehrige ÖVP-Abgeordnete und Ulrike Baumgartner-Gabitzer für ihre von der BIG übernommene 143m2-Wohnung in einer zentralen Wiener Lage lediglich 90.000 Euro gezahlt. Eine Sprecherin der BIG hatte daraufhin erklärt, alle Mieter der BIG könnten ihre Wohnungen zu den selben günstigen Konditionen kaufen. Die Verwertung der Wohnungen sei laut RH gemäß dem gesetzlichen Auftrag erfolgt.

Genau dies bestreitet der Rechnungshof nun zumindest in einem Detailpunkt: Die BIG sei gesetzlich dazu verpflichtet gewesen, die Wohnungen "vorrangig" an ihre Mieter zu verkaufen, und das "zum Verkehrswert". Tatsächlich aber habe die BIG bei den Verkäufen an die Mieter den in der Regel höheren "Sachwert" zu Grunde gelegt. Ebenfalls interessierte Investoren - die den Löwenanteil der bis 2002 privatisierten Wohnungen gekauft haben - hätten dagegen den "Ertragswert" gezahlt: "Der Ertragswert war deshalb geringer, weil die Liegenschaften nicht frei vermietet werden konnten; die bestehenden Mietverträge schmälerten somit den Ertrag".

Entgegen gesetzlicher Intentionen

"Nach Ansicht des RH entsprach es nicht den gesetzlichen Intentionen, den Mietern ihre Wohnungen zu einem höheren Preis als Dritten anzubieten", heißt es in dem Bericht. Die BIG bestreitet in ihrer Stellungnahme gegenüber dem Rechnungshof, dass es in der fraglichen Zeit eine gesetzliche Verpflichtung zum vorrangigen Verkauf an die Mieter gegeben habe. Das Wirtschaftsministerium hielt dagegen, es sei "abwicklungstechnisch nicht möglich, Mieter und Dritte gleich zu behandeln (...) Der vorrangige Verkauf an die Mieter sei nur nach Maßgabe der Wirtschaftlichkeit einzuhalten."

Grundsätzlich stellt der RH fest, dass die BIG "ihren Auftrag zum Wohnungsverkauf bisher zufriedenstellend umsetzte." Weitere Anmerkungen des Rechnungshofs im BIG-Kapitel betreffen etwa Mietzinsrückstände durch öffentliche Mieter, teils zu geringe Mietzahlungen durch ebendiese, Mängel bei einem neu erworbenen Hausverwaltungsprogramm sowie einen lückenhaften Datenbestand.

Niedriger Preis

Hervorgehoben wird unter anderem auch der niedrige Preis, den die BIG für die Übertragung der Bundesimmobilien gezahlt habe - 2,4 Mrd. Euro, obwohl ein Schätzwertgutachten nach Abzug der Verbindlichkeiten auf einen Wert von 6,9 Mrd. Euro gekommen sei. Beanstandet wird dies vom RH aber nicht, "weil allfällige stille Reserven ohnedies mittelbar im Eigentum des Bundes verbleiben, so lange der Bund Alleineigentümer der Bundesimmobiliengesellschaft ist". (APA)