Heimo Zobernig öffnet die Tür seines Ateliers im 2. Wiener Gemeindebezirk. Blue Jeans, Bauarbeiterhemd, braune Wildlederjacke. Ja, es sei gestern später geworden, sagt er noch etwas verschlafen, "die Einweihung meiner neuen Bühne im Burgtheater-Kasino, Sie wissen eh. Aber ich werde mir Mühe geben". Gibt sich Heimo Zobernig dann auch. Doch bevor er über seine Beschäftigung mit der Wiener Werkstätte erzählen wird, streckt er erstmal seine Beine aus - und zündet sich eine Zigarette an. DER S TANDARD: Herr Zobernig, es gibt eine gewisse Beständigkeit in ihrer Beschäftigung mit der Wiener Werkstätte. Im MAK gestalteten Sie vor Jahren den Werkstätte-Raum, im Schweizer Zug designten Sie im Frühjahr eine Ausstellung, im MAK im Dezember.

Heimo Zobernig: Es gibt von mir aus keine besondere Zuneigung zur Wiener Werkstätte. Sie stellt in Wien zwar den Aufbruch in die Moderne zu Anfang des vergangenen Jahrhunderts dar, aber in meiner künstlerischen Entwicklung hat mich das nicht im Speziellen inspiriert. Es hat sogar gewisse Vorbehalte gegeben.

Welche?

Die großbürgerliche Wiener Werkstätte imitiert ja weitgehend aristokratische Attitüden. Doch darauf will ich gar nicht weiter eingehen. Die Wiener Werkstätte soll in dem gegenwärtigen Projekt mit unseren Erkenntnissen konfrontiert werden, das wäre nach meiner Vorstellung die Arbeit eines Museums heute. Es soll nicht sein, dass die Toten über die Lebenden bestimmen.

Gerade in Wien spürt man eine Tendenz der Verkitschung und Verklärung von allem, was mit der Jahrhundertwende zu tun hat. Eine Gefahr für ihre Arbeit?

Ich glaube, dass das MAK unter Peter Noever das Gegenteil bewiesen hat, und so erkläre ich mir auch, warum man meinen unsentimentalen Blick einbeziehen möchte. Die Wiener Werkstätte ist ja kein homogener Block, sondern eine Versammlung von vielen unterschiedlichen Ansätzen, wo Künstlerpersönlichkeiten herausleuchten. Zum Beispiel ist es interessant, der Entwurfsmethodik eines Josef Hoffmann anhand seiner vielen Zeichnungen nachzuspüren. Dagegen gibt es Beispiele, die sich nicht aus einer kontinuierlichen praktischen Herangehensweise ergeben - eher aus sprunghaften Einfällen. Das interessiert mich.

Der betont künstlerische Aspekt hatte bei der Wiener Werkstätte auch etwas Rückwärts-gewandtes.

Ganz neu war man allerdings, was die corporate identity anbelangt. Da wäre noch eine genauere Aufarbeitung notwendig.

Sie beschäftigen sich schon länger auch künstlerisch mit Museen, bzw. mit dem, was Boris Groys die "Logik der Sammlungen" genannt hat. Warum?

Museen befinden sich seit etwa zwanzig Jahren in einer Phase der intensiven Umgestaltung. Auch die Wahrnehmung davon hat sich geändert, man merkt das daran, wenn Museen etwa in der Werbung immer wieder als Kulisse für Wohnräume benutzt werden.

Wie reagieren Sie darauf?

Indem ich hineindränge in diese Diskussionsplattform und dabei den Mechanismen solcher Institutionen künstlerisch nachspüre.

Zur Ausstellung im MAK: Welche konkreten Ideen gibt es?

Das Label als geschützte Trademark der Individualität. Da gibt es das Wiener-Werkstätte-Zeichen, damit ist sie eine der ersten Unternehmungen, die damit konsequent die Vermittlung ihrer Ideen und Produkte betreibt. Und da gibt es den gelungenen Vorspann zum Batman Film von Tim Burton, in dem die Kamera durch dunkle Schluchten fährt, sich herausbewegt und dann den Blick auf das Batman-Cave-Zeichen freigibt. Filmbeginn und Label haben in meinem Kopf zusammengefunden. Ich habe aus dem Wiener-Werkstätte-Zeichen eine räumliche Figur entwickelt, die den gesamten zentralen Hauptraum bis zur Decke füllt und auch in die Nebenräume durchbricht. (Der Standard/rondo/19/9/2003)