Exminister und Haider- Berater Michael Schmid über die FPÖ: "Die Devise kann für Herbert Haupt und die Freiheitlichen nur heißen: Augen zu und durch."

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Standard: Haben Sie es ohne Politik gar nicht mehr ausgehalten?

Schmid: Irgendwie schon. Es hat mit intellektueller Langeweile zu tun, die mich seit dem Ausstieg aus der Politik manchmal befällt. In der Politik fühle ich mich einfach mehr gefordert. Jörg Haider hat mich gefragt, ob ich nicht zu ihm runterkommen mag nach Kärnten. Ich helfe ihm dort jetzt ehrenamtlich bei der Organisation und der Abwicklung von Sprechtagen. Meine alte Stärke. Mit den Sprechtagen, dem direkten Kontakt zu den Bürgern, hatte ich in der Steiermark besonders Erfolg und die FPÖ zu Wahlerfolgen gebracht.

Standard: Sie sind ja knapp einem Parteihinauswurf entkommen und jetzt schmeißen Sie sich wieder für die Freiheitlichen ins Zeug?

Schmid: Es war ja so, dass die Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer auf mich bös' war und mich innerparteilich killen wollte. Aber sie wusste natürlich auch, dass sie jedes Verfahren gegen mich verloren hätte. Dann war es mir einfach zu blöd und da bin ich der Kärntner freiheitlichen Partei beigetreten. Neue politische Funktionen sind allerdings ausgeschlossen.

Standard: Ist die FPÖ überhaupt noch zu retten? Sehen Sie für Ihre Partei noch eine Überlebenschance?

Schmid: Was soll man da noch machen? Ich weiß es nicht. Es ist auch eine Frage der fehlenden inneren Motivation und Stimmung in der Partei. In den 90er-Jahren war die Stimmung toll, da ist jeder gelaufen, aber heute? Allein wenn ich in die Bundesländer schau'. In der Steiermark zum Beispiel liegt die Partei in einem dramatischen Koma. Die regionalen Politiker sind in der Öffentlichkeit praktisch nicht mehr präsent.

Standard: Könnte der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider an der Parteispitze noch einmal das Steuer herumreißen?

Schmid: Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Er hat, wie man bei der Voest-Privatisierung oder der Pensionsreform gesehen hat, noch genügend politisches G'spür. Aber es ist schwer einzuschätzen. Man darf auch nicht außer Acht lassen, dass 30 Jahre in der Öffentlichkeit zu stehen auch nicht spurenlos an einem vorübergeht. Es ist einfach schwierig, einen Abwärtstrend zu stoppen. Man fällt schneller nach unten, als man dann wieder hochkommt.

Standard: Wäre der Ausstieg aus der Koalitionsregierung eine Lösung? Schmid: Nein. Wir sind keine Oppositionspartei mehr. Es fehlen uns dazu auch die Leute. Wir können es uns nicht leisten, die Regierung platzen zu lassen. Die einzige Chance für Herbert Haupt und die FPÖ ist, in der Koalition zu bleiben. Die FPÖ ist zum Regieren verurteilt.

Standard: Es wird dennoch vielerorts erwartet, dass die FPÖ nach den Landtagswahlen in Tirol und Oberösterreich ins Chaos fällt, was einen Koalitionsbruch nach sich ziehen könnte. Rechnen Sie mit einem derartigen Szenario?

Schmid:  Auch wenn wir die Landtagswahlen in Tirol und Oberösterreich verlieren, wird sich nicht Dramatisches ändern. Die Erwartungshaltung an die FPÖ ist ohnehin schon so gering, dass jeder eine schwere Niederlage erwartet. Warum sollen wir dann wegen der Wahlergebnisse die Bundesregierung platzen lassen? Umsteigen kann jetzt keiner mehr, weder wir noch die Volkspartei. Wir müssen diese Periode durchtauchen. Ich sehe keine andere Möglichkeit. Die Devise kann für Herbert Haupt und die Freiheitlichen nur heißen: Augen zu und durch.(DER STANDARD, Printausgabe, 18.9.2002)