Die Geschichte des Bundesheeres der Zweiten Republik lässt sich am ehesten als eine Geschichte der Verwaltungsreformen und Umgliederungen schreiben. Über viele Jahre war nicht einmal richtig klar, wofür Österreich sich eine Streitmacht halten will. Oft ist mehr Aufwand in neue Konzepte (die nach wenigen Jahren wieder verworfen wurden) als in neue Ausrüstung und Bewaffnung gesteckt worden. Immerhin tröstlich: Papierkriege kosten weniger Blut als bewaffnete Konflikte.

Andererseits hat die ständige Umschichtung in der Mangelverwaltung dazu geführt, dass das Bundesheer nach all den Reformen zwar deutlich schwächer aussieht, aber tatsächlich mehr kann als je zuvor. In Zahlen: Statt seinerzeit geplanter 280.000 Mann kann das Bundesheer in einem Ernstfall gerade 90.000 Soldaten aufbieten.

Es gilt als ausgemacht, dass damit eine klassische Landesverteidigung nicht mehr machbar ist - aber schließlich ist ebenso ausgemacht, dass eine umfassende Verteidigung auf absehbare Zeit gar nicht mehr erforderlich sein wird.

Andererseits kann das Bundesheer seine beschränkten Aufgaben - Sicherungseinsätze zu Lande und in der Luft, räumlich begrenzte Abwehr, Katastrophenhilfe - heute verlässlicher erfüllen als seinerzeit die Aufgabe der Raumverteidigung.

Auch wenn im Moment noch dieses oder jenes Gerät dazu fehlt. Seit zwei Jahren hat Österreich sogar eine Verteidigungsdoktrin, die all das festschreibt. Man müsste sie nur umsetzen - vielleicht da ein paar zusätzliche Euro lockermachen und dort ein paar überflüssige Schreibtische (vielleicht auch ein paar wenig ausgelastete Garnisonsstandorte) streichen.

Aber im Grunde ist die Reform schon vollzogen - Günther Platters Kommission kann da wenig ändern.(DER STANDARD, Printausgabe, 16.9.2003)