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Im Maria-Theresien-Salon im Wiener Hotel Bristol fand sich jahrelang der so genannte Lombard-Klub zusammen

Foto: APA/Harald Schneider
Wien - Der Streit um die Angemessenheit einer außergerichtlichen Streitbeilegung ("Diversion") im Gefolge der verbotenen Zinsabsprachen von österreichischen Banken ("Lombard-Klub") eskaliert. Der zuständige Wiener Staatsanwalt, Erich Müller, der vom Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider aufgefordert worden war, die "Frechheit" des Diversionsangebotes an die Banker zurückzunehmen, konterte im STANDARD-Gespräch scharf.

"Keine Würstlbude"

Müller sagte: "Das ist köstlich, Haider pflanzt alle. In der Südprovinz ist vieles möglich, aber wir sind ein Rechtsstaat und keine Würstlbude." Es sei rechtlich gar nicht mehr möglich, ein einmal gemachtes Diversionsangebot zurückzunehmen, so Müller. "Auch Böhmdorfer hat das abgesegnet. Es bleibt dabei."

Zahlen Spitzenbanker wie Gerhard Randa (BA-CA), Andreas Treichl (Erste Bank) oder Walter Rothensteiner (Raiffeisen Zentralbank) 50.000 Euro Geldbuße, so das Angebot Müllers, so wird auf ein Gerichtsverfahren verzichtet, die Verdächtigen bleiben unbescholten. Juristen sagen, ein Schuldeingeständnis der Banker sei nicht nötig, da das Angebot vom Staatsanwalt und nicht von den Bankern kam. Jörg Haider gibt sich aber noch nicht geschlagen.

Der Sprecher der Bank Austria Creditanstalt, Martin Hehemann, hatte von einer "Politposse allererster Güte" gesprochen. Das "Bärental persönlich" - also Haider - habe das Diversionsangebot gebilligt, gegen das er jetzt Sturm laufe. Dazu Haider am Freitag: "Diese Aussage entbehrt jeder Grundlage. Hier ist wohl der Wunsch Vater des Gedankens von Bankern, die Zehntausende Kunden durch überhöhte Zinsen geschädigt haben."

Die Behauptung, die Sache sei mit ihm abgestimmt gewesen, werde "mit allen rechtlichen Schritten" bekämpft werden, so Haider.

"Obszönes" Angebot

Der Rechtsexperte des Vereins für Konsumenteninformation (VKI), Peter Kolba, steht auf der Seite Haiders. Das Diversionsangebot sei "obszön", so Kolba. Mit der Annahme durch die Banker habe der VKI keine Chance mehr, Akteneinsicht zu bekommen. Doch nur mit der Kenntnis aller Details seien individuelle Klagen erfolgreich zu führen. Dennoch strebt der VKI Musterprozesse an.

Die Aussage der Banken, es sei niemand geschädigt worden, sei nämlich falsch, so Kolba. Er verweist auf die EU-Kommission vom Juni 2002, anlässlich der Kartellstrafe für die Banken über 124 Mio. Euro. Brüssel hielt damals fest: "Bei den Gesprächsrunden (im Lombard-Klub, Anm.) wurden die Einlagenzinssätze, Kreditzinsen und sonstige Sätze zum Schaden der Unternehmen und der Verbraucher in Österreich festgelegt." (Michael Bachner, Der Standard, Printausgabe, 13.09.2003)