Die Zuschauer nehmen auf zwei gegenüberliegenden Tribünen Platz, die die Spielfläche in ihrer Mitte in ein langes schmales Band verwandeln. An einem Ende sitzt die Performerin Kattrin Deufert auf einem Stuhl. Am anderen steht der Musiker Yasuo Akai hinter seinem Keyboard. In der Mitte bewegt sich der Tänzer Thomas Plischke, aufgespannt zwischen Sprache und Musik, die man an den Rändern der Bühne nie gleichzeitig wahrnimmt.

InExHaustible ist die erste gemeinsame Regiearbeit des Künstlerduos Thomas Plischke und Kattrin Deufert. Beide gehören zum Kollektiv Frankfurter Küche, zu deren Arbeitsweise es gehört, ihr Verhältnis zum Publikum mit jedem Projekt stets neu zu bestimmen. So ist bereits der Bühnenraum eine Versuchsanordnung über eine verrückte Zentralperspektive. Über den Köpfen der Zuschauer hängen zwei Videoleinwände. Schemenhaft erscheinen darauf Tauben auf dem Markusplatz in Venedig, die so gefilmt wurden, dass die zentralperspektivische Architektur um sie herum ins Wanken gerät.

Kattrin Deufert atmet ins Mikrofon, und ihr Laut fliegt durch den Raum, als setzten die Tauben zum Flug an. Das Bewegungsmaterial basiert zum Teil auf Plischkes älterem vierteiligen Solo L'Homme à sortir avec aus dem Jahr 1999. Inspiriert von den Zeichnungen, die der Theatervisionär Antonin Artaud während seines Aufenthalts in der Klinik von Rodez anfertigte, stellte Plischke damals Fragen nach dem Verhältnis von Zwang und Freiheit. Artaud wurde wegen Schizophrenie behandelt. Das Thema der Spaltung, der Bipolarität, die zu feinen Verschiebungen in der Wahrnehmung der Wirklichkeit bis hin zum Realitätsverlust führt, leitet Plischke und Deuffert auch in InExHaustible. Ausgangsmaterial waren neben Texten von Artaud auch Thomas Harris' Hannibal-Trilogie, Ridley Scotts Film Hannibal, Deleuze/Guattaris Anti-Ödipus und verstreute Texte über Schizophrenie und Kannibalismus.

InExHaustible funktioniert wie ein Gedicht. Die verwendeten Materialien - Bilder, Farben, Licht, Ton und Worte - verweben sich zu einer dichten Textur, die unerschöpflich an Nuancen und Bedeutungsverschiebungen ist. (Gerald Siegmund/DER STANDARD, Printausgabe, 12.9.2003)