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Berlusconi sorgt mal wieder für Aufregung: Mussolini sei gar nicht so schlimm gewesen, "er hat niemanden umgebracht". Nun ja...

Foto: REUTERS/Tony Gentile
Rom - Das Interview des italienischen Regierungschefs und EU-Ratsvorsitzenden Silvio Berlusconi mit dem britischen Wochenmagazin "The Spectator" sorgt weiterhin für Polemik. Im Gespräch mit dem Chefredakteur des Wochenmagazins Boris Johnson betonte Berlusconi, dass der faschistische Diktator Benito Mussolini wesentlich besser als das Regime des ehemaligen irakischen Führers Saddam Hussein gewesen sei. "Mussolini hat wenigstens niemanden ermordet", sagte Berlusconi im Interview, das am Donnerstag von der italienischen Tageszeitung "La Voce di Rimini" veröffentlicht wurde.


Der "Mussolini-Sager" im Wortlaut

APA-Übersetzung der entsprechenden Interview-Passagen des zeitgleich in der italienischen Tageszeitung "Voce di Rimini" und der britischen Wochenzeitung "The Spectator" veröffentlichten Interviews:

Während seiner Beurteilung der Gründe des Irak-Krieges und des Regimes von Saddam Hussein unterbricht ihn einer der beiden Interviewer, Nicholas Farrell von der "Voce di Rimini", beim Wort "Diktatur":

  • Farrell: "Wie in Italien .."
  • Berlusconi: "Lassen wir das. Das war eine Diktatur, die war viel ..."
  • Farrell: ".. .wohlwollender (benevolente) ..."
  • Berlusconis Übersetzer: " .. milder (benigno) .."
  • Berlusconi: "Ja. Mussolini hat nie jemanden umgebracht, Mussolini schickte die Leute auf Urlaub in die Verbannung."

  • "Ich begreife die Probleme, einem Volk, das 40 Jahre lang nur eine Diktatur gekannt hat, die Regeln der Demokratie zu lehren", sagte Berlusconi. "Wie in Italien?", fragten die beiden britischen Journalisten Johnson und Nicolas Farrell, die Berlusconi Ende August in seiner Sommerresidenz auf Sardinien interviewt hatte. Berlusconi antwortete, dass die faschistische Diktatur in Italien "gutmütiger" gewesen sei. "Mussolini hat niemanden ermordet. Mussolini schickte die Leute auf Urlaub ins Exil."

    Faschistische Propaganda

    Das Interview schockte Italiens oppositionelle Linke. "Berlusconis Worte können als faschistische Propaganda bestraft werden", kommentierte der Spitzenpolitiker der oppositionellen Linksdemokraten (DS, stärkste Oppositionspartei), Fabio Mussi. Er betonte, dass tausende von Anti-Faschisten in Italien ermordet worden seien. Berlusconi leugne die unzähligen politischen Gegner, die den Widerstand zu Mussolinis Regime mit ihrem Leben bezahlten.

    Geschockte Opposition

    "Mussolini war ein Mörder, und Berlusconi beweist mit seinen Worten, dass er unwürdig ist, die italienische Demokratie zu vertreten", betonten die Fraktionschefs der Oppositionsparteien im römischen Parlament in einer gemeinsamen Erklärung. Sie forderten Berlusconis Entschuldigung vor dem Land und dem Parlament.

    "Affront für das zivile Gewissen"

    "Die Worte Berlusconis sind ein Affront für das zivile Gewissen Italiens. Man muss innerlich morsch sein, um so etwas über Mussolini zu behaupten. Berlusconi hat weder für die Toten, noch für die noch lebenden Personen Respekt, die den Faschismus bezeugen können", sagte der Abgeordnete der Linksdemokraten, Gavino Angius. Scharf kritisiert wurde Berlusconi auch vom Präsidenten der jüdischen Gemeinschaft in Italien, Amos Luzzatto. Er warnte vor einer Tendenz in Italien, den Faschismus zu rehabilitieren und ihn als "väterliches" Regime darzustellen.

    Das Interview Berlusconi mit "The Spectator" hatte bereits vergangene Woche auf internationaler Ebene für einen Eklat gesorgt. Im Gespräch mit den britischen Journalisten hatten der italienische Ministerpräsident die Richter in seinen Land als "geistesgestört" bezeichnet. "Man muss geistesgestört sein, um diesen Beruf auszuüben. Wenn Richter diesen Job haben, ist es, weil sie anthropologisch vom Rest der menschlichen Rasse verschieden sind", hatte Berlusconi gesagt und damit Wellen der Entrüstung in Italien ausgelöst.

    Berlusconi verteidigt Lob für Mussolini: "Habe als Patriot geredet"

    Der italienische Regierungschef und EU-Ratspräsident Silvio Berlusconi hat sich am Donnerstag gegenüber dem Vorwurf verteidigt, den faschistischen Diktator Benito Mussolini gelobt zu haben. "Ich habe als Patriot, als echter Italiener, auf einen Vergleich zwischen Mussolini und (dem entmachteten irakischen Diktator) Saddam Hussein reagiert, den ich nicht akzeptieren konnte", betonte Berlusconi, der vor italienischen Journalisten am Rande der Pressekonferenz mit dem ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak in Rom eine Presseerklärung verlas.

    Berlusconi versicherte, er habe keineswegs das faschistische Regime loben wollen. Er sei wieder einmal Opfer einer Instrumentalisierung der Linken geworden, wie es vor einer Woche mit seinen Aussagen über die Richter ("geistesgestört") der Fall gewesen sei. Die Linke sollte sich seiner Ansicht nach schämen, weil sie die Blutbäder des Kommunismus gerechtfertigt habe, meinte Berlusconi.

    "Die Fraktionschefs der Opposition beschuldigen mich, ein Nostalgiker des Faschismus zu sein. Dies ist eine Absurdität, die meiner Ansicht nach nicht einmal dementiert werden sollte", empörte sich Berlusconi.

    Duce-Enkelin: "Man kann Saddam Hussein nicht mit meinem Großvater vergleichen"

    Die Duce-Enkelin Alessandra Mussolini verteidigt den italienischen Regierungschef Silvio Berlusconi, der in einem Interview mit dem britischen Wochenmagazin "The Spectator" versichert hatte, dass der faschistische Diktator Benito Mussolini wesentlich besser als der ehemalige irakische Führer Saddam Hussein gewesen sei. Mussolini hat wenigstens niemanden ermordet", hatte Berlusconi erklärt und hitzige Reaktionen in Oppositionskreisen ausgelöst. "Ich hoffe, dass Berlusconi sein Interview nicht dementiert, weil er die Wahrheit gesagt hat. Man kann Saddam Hussein nicht mit meinem Großvater vergleichen", so Alessandra Mussolini.

    "Wir müssen die Vergangenheit mit Realismus betrachten"

    "Der irakische Diktator hat Millionen von Menschen vernichtet, mit Mussolini haben die Italiener am Anfang sogar eine Liebesgeschichte erlebt", sagte die Abgeordnete der rechten Nationalallianz (AN), der zweitstärksten Regierungspartei in Italien). Angesichts der Massaker und Blutbäder der Geschichte sei das Exil, zu dem Mussolini viele seiner politischen Gegner verurteilt habe, wirklich ein Urlaub gewesen, wie es Berlusconi in seinem umstrittenen Interview behauptet hatte, sagte die Parlamentarierin. "Mussolini hat eine bestimmte politische Phase gekennzeichnet. Wir müssen die Vergangenheit mit Realismus betrachten", so die 40-jährige Enkelin des faschistischen Diktators.

    Verteidige findet Berlusconi auch unter Vertretern der postfaschistischen Nationalallianz

    Auch andere Vertreter der postfaschistischen Nationalallianz verteidigten Berlusconi. "Die Opfer des faschistischen Regimes sind nur wenige Personen im Vergleich zu den 100 Millionen Toten, die der Kommunismus in Italien und in der Welt auf dem Gewissen hat", meinte etwa der AN-Abgeordnete Antonio Serena. Die Nummer zwei der AN, Ignazio La Russa, attackierte die britischen Journalisten, die das Interview mit Berlusconi geführt hatte und die Frage mit dem Vergleich zwischen Mussolini und Saddam Hussein gestellt hatten. Die Frage sei einfach dumm gewesen, meinte La Russa.

    Tagszeitung "Voce di Rimini" veröffentlicht zweiten Teil des Interviews mit britischem Magazin

    Eine Woche nach dem scharfen Angriff auf die "geistesgestörten Richter" nährt das umstrittene Interview des Regierungschefs mit dem britischen Wochenmagazin neue Turbulenzen in Rom. Die Tageszeitung "Voce di Rimini" veröffentlichte den zweiten Teil des Interviews mit dem Wochenmagazin, in dem Berlusconi versicherte, dass die faschistische Diktatur in Italien "gutmütiger" gewesen sei. "Mussolini hat niemanden ermordet. Mussolini schickte die Leute auf Zwangsurlaub", betonte Berlusconi. (APA)