Wien - Auf Grund ausbleibender zusätzlicher Förderungen durch die öffentliche Hand ist der Weiterbestand des Vereins Orpheus Trust, der an die während des Nationalsozialismus vertriebenen oder in Konzentrationslagern ermordeten österreichischen Musiker erinnert, "ernsthaft gefährdet". Der Verein habe öffentliche Mittel von der Stadt Wien (73.000 Euro) und dem Bund (20.000 Euro) in ähnlicher Höhe wie im vergangen Jahr erhalten. Doch diese Förderungen machen zusammen lediglich rund ein Viertel des benötigten Betriebsbudgets (rund 400.000 Euro) aus. Auf Grund einer veränderten Personalkonstellation droht nun das Ende der Vereinstätigkeit.

Unbezahlte Arbeitsstunden

"Es waren noch nie ausreichend Mittel da - was wir aufgebaut haben, konnte nur mit zahllosen unbezahlten Arbeitsstunden in den Nächten und an den Wochenenden realisiert werden. Doch man kann das nicht 'Ende nie' so betreiben", meinte die künstlerische Leiterin und Geschäftsführerin Primavera Gruber. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Kulturpolitik eine Organisation mit solchem Stellenwert und internationalem Renommee wie den Orpheus Trust eingehen lässt", so Gruber. Es müsse nun der Moment kommen, wo die "Verantwortlichen sagen: Das ist gute Arbeit, die noch nicht abgeschlossen ist", und die entsprechenden Mittel zur Verfügung stellen.

Der Orpheus Trust hatte bei der Stadt Wien und beim Bund um je 145.000 Euro angesucht. Eine einmalige dreijährige Förderung durch das Bildungsministerium ist ausgelaufen. Auf Grund der finanziellen Situation musste eine Mitarbeiterin des Vereins gekündigt werden, auch Gruber ist nun halbtags im Rahmen des Forschungsprojekts "Verfolgte Musik" angestellt. Zuvor hatte sie "sieben Jahre lang unbezahlt bis zu 15 Stunden täglich" beim im Mai 1996 gegründeten privaten Verein gearbeitet. "Ich kann das nun nicht mehr".

In dieser Personalkonstellation (es gibt nun zwei Halbtagskräfte und eine zehn- bis 15-Stundenkraft) "müsste man die Arbeit einstellen". Ein für 2004 geplantes (und zuvor schon mehrfach verschobenes) Musikfestival zu "Musikexil in Frankreich" musste abgesagt werden. Gruber hofft, dass sich die Kulturpolitik "ihrer Verantwortung stellt". Zur Überbrückung könnten, wie in den Anfangsjahren des Vereins, auch private Geldgeber einspringen, hofft Gruber. Doch soll "diese Arbeit nicht von den Kindern und Enkeln der Opfer finanziert werden, sondern in diesem Land sollte man sich der Verantwortung stellen". Wenn sich schon Menschen finden, die "diese Arbeit, die diverse öffentliche Institutionen schon längst hätten leisten können, aus eigenem Impetus übernehmen, dann sollte man die nicht verhungern lassen".

Stadt und Bund

In der Kulturabteilung der Stadt Wien betont man, dass die Subvention des Orpheus Trust seit 2002 um 40 Prozent von rund 43.600 Euro auf 73.000 Euro "massiv erhöht" worden ist, wie die Sprecherin von Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (S), Saskia Schwaiger, meinte. "Die Anerkennung des Orpheus Trust steht nicht in Frage. Bedauerlicherweise können wir nicht mehr zahlen". Jedoch liege die Subventionierung nicht alleine im Aufgabenbereich der Stadt Wien. "Der Bund zahlt wesentlich weniger".

Im Büro von Kunststaatssekretär Franz Morak (V) hieß es auf Anfrage, dass wegen der vielschichtigen Tätigkeiten des Orpheus Trust "nicht alles aus der Kunstförderung bestritten werden kann". Neben den Veranstaltungen läge ein Schwerpunkt der Vereins-Tätigkeit in der wissenschaftlichen Arbeit. "Da sind wir nicht der richtige Ansprechpartner, da gibt es andere Förderstellen auch des Bundes", meinte Morak-Sprecherin Katharina Stourzh.

Der Verein Orpheus Trust ist in Erforschung und Dokumentation des vertriebenen Musiklebens, in Beratung und Informationsvermittlung sowie als Veranstalter tätig. In den Datenbanken finden sich Informationen über an die 5.000 verfolgte Musikschaffende sowie 10.000 Werke verfolgter Komponisten, weiters werden Nachlässe verwaltet, ein öffentlich zugängliches Archiv geboten sowie bisher über 200 Veranstaltungen organisiert. (APA)