Wien - Das im Sommergespräch von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) angekündigte Recht auf Teilzeitarbeit bis zum Schuleintritt des Kindes halten SPÖ- wie ÖVP-VertreterInnen für einen wichtigen Schritt in der Familienpolitik. Wie erwartet äußerten die SPÖ- und ÖGB-Frauenvorsitzenden allerdings Zweifel an Art und Ernsthaftigkeit der Umsetzung der Maßnahme, die ab 1. Jänner 2004 gelten soll. Die Wirtschaft zeigte sich verhandlungsbereit.

Ernsthafter Vorschlag?

SPÖ-Bundesfrauenvorsitzende Barbara Prammer fragte sich, warum Schüssel in den letzte zehn Jahren sämtliche Vorschläge von ihr, die in diese Richtung gingen, verhindert habe. Sie bezweifelte deshalb in einer Aussendung am Mittwoch die Ernsthaftigkeit des Vorschlages und vermutete ein "Schlupfloch" in der großen Ankündigung. Dazu verwies sie auf den Zusatz des ÖVP-Chefs, wonach ein Rechtsanspruch kommen werde, "sollte die Wirtschaft dazu bereit sein."

ÖGB fordern bessere Rahmenbedingungen

Die ÖGB-Frauen verlangten bessere Rahmenbedingungen für das von Schüssel angekündigte Recht auf Teilzeit. Es müsse ein Rückkehrrecht auf Vollzeit und eine bessere Bewertung der Kindererziehungszeiten im Pensionsrecht gewährleistet sein. Teilzeit werde oft nur in wenig qualifizierten und schlecht entlohnten Bereichen angeboten. "Ohne entsprechende Rahmenbedingungen wird das geplante Elternteilzeit-Modell zur Karriere-Einbahn", stellte ÖGB-Frauenvorsitzende Renate Csörgits in einer Aussendung fest. Dass die Eltern-Teilzeit nur in Betrieben ab 20 Beschäftigten möglich sein soll, schließe außerdem viele Eltern von dem Angebot aus.

ÖVP: Rückkehrrecht vorhanden

"Das Recht auf Teilzeit für Eltern von Kindern bis zum siebenten Lebensjahr ist im Regierungsprogramm vorgesehen, das werden wir so auch umsetzen", kündigte hingegen ÖVP-Sozialsprecher Walter Tancsits in einer Aussendung an. Auch das Recht auf Rückkehr zur ursprünglichen Arbeitszeit solle darin beinhaltet sein.

"Der notwendige und nun endlich realisierte Rechtsanspruch auf Teilzeit ist eine neuerliche Erleichterung für betroffene Eltern" meinte auch ÖVP-Familiensprecherin Ridi Steibl. Die Möglichkeit zur Teilzeitarbeit stelle eine wichtige Maßnahme zu einer familienfreundlicheren Gesellschaft dar, sagte sie ebenfalls in einer Aussendung am Mittwoch. Sie ist überzeugt: "Junge Frauen wollen nicht mehr zwischen Beruf und Familie wählen müssen, sie wollen beides und sind nicht bereit, auf einen Lebensbereich zu verzichten."

Der ÖVP-nahe Familienbund begrüßte den Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit. "Damit wird eine langjährige Forderung des Familienbundes erfüllt," sagte Präsident Otto Gumpinger in einer Aussendung. Der Wunsch nach flexiblerer Arbeitszeit habe bei jungen Eltern oberste Priorität. Gumpinger appellierte aber an die Wirtschaft, den Anspruch tatsächlich ernst zu nehmen und somit jungen Eltern die Balance zwischen Familie und Arbeitswelt zu erleichtern.

Wirtschaft will "soziale Verantwortung übernehmen"

Die Wirtschaft zeigt sich verhandlungsbereit. Man sei bereit, soziale Verantwortung wahrzunehmen und zu einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie beizutragen. Klein- und Mittelbetriebe müssten aber von der Regelung ausgenommen bleiben, da es dort oft aus organisatorischen Gründen nicht möglich sei, Teilzeitarbeitsplätze anzubieten, so der stellvertretende Generalsekretär der Wirtschaftskammer, Reinhold Mitterlehner, in einer Aussendung am Mittwoch. Die Wirtschaft erwartet sich, dass durch den Rechtsanspruch das Arbeitskräftepotenzial der Frauen gesichert wird. Für das Zugeständnis wird aber auch mehr Flexibilität auf Seiten der ArbeitnehmerInnen gefordert: "Wenn einerseits bei Arbeitnehmern der Spielraum für die Inanspruchnahme von Teilzeitregelungen erhöht wird, muss auf der anderen Seite auch der Gestaltungsspielraum der Betriebe vergrößert werden.", so Mitterlehner. (APA)