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Foto: APA/ Phil Noble
Wien - Der 14-Jährige wohne jetzt wieder bei seinen Eltern, schildert die Wiener Kinder-und Jugendanwältin Monika Pinterits. "Jetzt, nach der Vergewaltigung des rumänischen Schülers in U-Haft." In die er gesteckt worden war, weil er in drei Supermärkten Champagner, Parfum und eine Elektrozahnbürste im Wert von 57 Euro gestohlen hatte.

Amtshaftung

Eine Therapie, wie sie dem Burschen in der Wiener AKH-Klinik für Neuropsychiatrie des Kindes- und Jugendalters angeboten worden sei, habe der Saisonarbeitersohn vorerst abgelehnt. Wichtig jedoch sei, dass er später einmal, wenn er dazu bereit ist, die Mittel für eine Behandlung erhalte. "Ich fordere die verantwortlichen Stellen auf, dafür Sorge zu tragen", sagte Pinterits. Im Justizministerium hieß es, dass sich der Jugendbeirat mit dem Vorfall befassen werde. Karl Drexler, Leitender Staatsanwalt im Justizministerium, erklärte auf Anfrage des STANDARD, dass alle Behandlungskosten die während der Haftzeit anfielen, von der Strafvollzugsbehörde übernommen werden. Drexler: "Folgekosten des tragischen Vorfalles müssen wohl über die Amtshaftung eingeklagt werden."

Menschenrechtswidrige Inhaftierung

Wie berichtet, war der 14-Jährige von drei jugendlichen, ebenfalls rumänischen Mithäftlingen in einer Zelle des Grauen Hauses vergewaltigt worden. Die brutale Tat wurden publik, das Opfer umgehend ärztlich behandelt und schließlich auf freien Fuß gesetzt: Für Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty Österreich, "ein Hinweis darauf, dass schon die Inhaftierung menschenrechtswidrig war."

Diese Ansicht teilt auch Udo Jesionek, langjähriger Leiter des aufgelösten Jugendgerichtshofes: "Die Diebstähle kommen mir eher wie eine pubertäre Mutprobe vor." Ihm lägen Informationen vor, nach denen es in der Justizanstalt Josefstadt permanent Vergewaltigungen gebe, sagte Jesionek. "Das glaub ich nicht", reagierte Staatsanwalt Drexler und forderte Jesionek auf, diese "Informationen" bei zuständigen Stellen zu deponieren.

In Österreich werde U-Haft oft nur abschreckend eingesetzt, kritisierte Grünen-Justizsprecherin Terezija Stoisits. Sie und SP-Justizsprecher Hannes Jarolim fordern die Abschaffung des Paragraf 70 StGB, der die "Gewerbsmäßigkeit" einer strafbaren Handlung definiert und eine schnelle Verhängung von U-Haft ermögliche. Eine Forderung, der FP-Justizsprecherin Helene Partik-Pablé nichts abgewinnen kann: Kriminelle Ausländer dürften nicht mit Entgegenkommen rechnen. (Irene Brickner, Michael Simoner, DER STANDARD Printausgabe 4.9.2003)