Es war wahrlich keine Liebesheirat, auf die sich der (ehe- erfahrene) deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder am Abend der Bundestagswahl am 27. September 1998 einlassen musste. Auf Druck des damaligen SPD-Chefs Oskar Lafontaine ließ sich Schröder das Versprechen abringen, ein Bündnis mit den Grünen einzugehen. Es war damals ein offenes Geheimnis, dass Schröder gerne eine große Koalition gehabt hätte. Noch in der ersten Legislaturperiode hat Schröder auch immer wieder mit den Liberalen geflirtet und den Grünen mit einem Partnertausch gedroht. Aber im Laufe der Zeit wuchs die Wertschätzung für den Koalitionspartner, zumal sich die Grünen unter der Führung ihres heimlichen Vorsitzenden Joschka Fischer häufig pragmatischer als Schröders Genossen zeigten.

Am Abend des 22. September 2002 war Schröder dann ganz froh, dass die Grünen noch an seiner Seite waren. So (freude)trunken war Schröder nicht, dass ihm nach der Zitterpartie am Wahlabend nicht auch klar war, dass er es angesichts der Verluste für die SPD nur den Zugewinnen bei den Grünen zu verdanken hatte, weiter Bundeskanzler sein zu dürfen.

Pragmatisch, wie Schröder ist, wollte er sich absichern. Denn es wäre nicht nur das Gleichgewicht in der Koalition empfindlich gestört gewesen, wenn sein Außenminister Fischer demnächst nach Brüssel abgewandert wäre. Ohne ihr Zugpferd Joschka hätten sich auch die Wahlchancen der Grünen verringert. Deshalb rang Schröder seinem Vize das Versprechen ab, dass sie beide gemeinsam 2006 noch einmal zur Bundestagswahl antreten. Dass der SPD-Chef kurz nach dieser Festlegung die Grünen "zum Kotzen" findet und ihnen vorwirft, gegen die Regierung zu opponieren, ist unverständlich und zeigt, dass für ihn Rot-Grün weiter nur eine Zweckgemeinschaft ist. (DER STANDARD, Printausgabe, 4.9.2003)