Tatsächlich will Präsident Leitl mit der von ihm angefachten Abwanderungshysterie zusätzlich zum Nutzen der Erweiterung für die Österreichische Wirtschaft mit einer zusätzlichen Steuersenkung noch ein Sahnehäubchen aufsetzen.
Zum Steuerwettbewerb in Europa:
Für die Argumentation müssen niedrigere Steuersätze in Beitrittsländern herhalten. Mit Hinweis auf die Steuerpsychologie werden die nominellen Steuersätze herangezogen und die effektiv wirksamen großzügig vergessen. Hier liegt Österreich mit 18 Prozent sehr günstig - wie auch durch eine EU-Studie gerade bestätigt wurde. Investoren beschäftigen Legionen von Beratern, die Investitionsvorhaben genauestens durchrechnen. Die Annahme, bei großen Investitionsentscheidungen würde die Besteuerung mit einem kurzen Blick auf die nominellen Steuersätze abgehandelt, erscheint sehr simpel.
Außerdem fallen der Standort, wo der Gewinn erwirtschaftet wird und der Standort, wo der Gewinn in der Bilanz ausgewiesen und Steuer bezahlt wird, durch exzessive Gestaltungen zunehmend auseinander.
Irland?
Die Annahme, dass sich durch den Beitritt dieser Länder der Standortwettbewerb massiv verschärfen wird, ist übertrieben. Jeder Investor kann jetzt schon dort investieren, wenn es sich für ihn rechnet. Der Wettbewerb ist durch gänzliche Steuerfreiheit in Sonderwirtschaftszonen dieser Ländern derzeit sogar stärker. Gemäß den Beitrittsverträgen müssen diese Länder diese Steuerbeihilfen wegen Wettbewerbswidrigkeit einschränken und auslaufen lassen. Also das Gegenteil der Panikmache durch Präsident Leitl ist der Fall.
Das oft zitierte Beispiel Irland ist nicht allgemein anwendbar: EU-Förderungen - die die Netto-Zahler leisten müssen - von über 4 Prozent des Sozialprodukts und dazu ein niedriges Lohn- und Steuerniveau können sich nicht alle "leisten". Dies ist eine Strategie, die nur von einzelnen und kleinen Staaten mit Entwicklungsrückstand angewandt werden kann und nicht von allen.
Spirale nach unten
Eine derartige Wirtschaftspolitik würde nur die Spirale nach unten verschärfen und die Lohnsteuerzahler, Konsumenten und standortgebundene Gewerbetreibende verblieben als einzige Finanziers der Staatsaufgaben. Die Großkonzerne nähmen nur noch Leistungen in Anspruch, von der Finanzierung hätten sie sich verabschiedet. Um das grundsätzliche Problem zu lösen, ist eine EU-weite Koordinierung der Gewinnbesteuerung notwendig.
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