Doch Buchmann kommt aus der Wirtschaft und will die Leitlinien nicht selbst bestimmen: Im Rahmen eines zweitägigen "Kulturdialogs" sollen Anfang Oktober die kulturpolitischen Ziele gemeinsam mit der Szene erarbeitet werden. Und als Vorbereitung dazu findet am 10. September im Grazer Literaturhaus von 13 bis 20 Uhr ein "Open Space" statt: Jeder soll Wünsche artikulieren dürfen. Bisher haben sich schon über 100 Personen angemeldet - von Emil Breisach und Günter Waldorf, den Gründungsvätern des Forum Stadtpark, über Peter Pakesch (Joanneum) und Christa Steinle (Neue Galerie) bis zu den "Jungen" wie Margarethe Makovec (Kunstverein rotor), Helmut Köpping (Theater im Bahnhof) und Martin Wanko.
Man muss allerdings kein Goethe sein, um die dringlichste Forderung erahnen zu können. Denn nach Golde drängt, am Golde hängt doch alles. Und das Gros der Kulturveranstalter hält eine Anhebung des Kulturbudgets für am vordringlichsten. Weder die Stadt Graz noch das Land Steiermark schwimmt im Geld. Die Kassen gleichen eher dem Rinnsal, das nun um einen halben Meter aufgestaut werden musste, damit die Murinsel nicht im Trockenen darbt. (Sie ist seit heute, Samstag, wieder voll in Betrieb.)
Waltraud Klasnic, die Frau Landeshauptmann (VP), zum Beispiel hat nur tröstende Worte parat: Natürlich werde es bezüglich Nachhaltigkeit der Kulturhauptstadt eine Zusammenarbeit geben, denn Graz 2003 sei ein Motor auch für die Steiermark gewesen. Sondermittel für Nachfolgeprojekte werde es aber nicht geben: "Wir haben ja auch bisher viel finanziert. Und Geld allein hilft gar nichts: Kultur lebt von der Kreativität."
Buchmann schlägt daher in der Not jährliche Schwerpunktsetzungen vor, für die jeweils zwei Millionen Euro bereitgestellt werden sollen. Der Unterstützung durch Gemeinderat Günther Getzinger, den "heimlichen" Kultursprecher der Grazer SP, kann er sich dabei gewiss sein: Auch wenn die finanzielle Situation der Stadt "kritisch" ist, sei diese Summe "in den Standortfaktor Kultur zu investieren".
Getzinger geht aber einen Schritt weiter als Buchmann: Er will für die Nachhaltigkeit der Kulturhauptstadt "frisches Geld" - und keine Umschichtungen im Kulturbudget, wie Buchmann sie plant. Und er will keine Schwerpunktsetzungen, diese bedeuten "das Aushungern der anderen Sparten". Ihm sei die "ganze Bandbreite" wichtig. In diesem Punkt trifft er sich mit den Kulturhauptstadtmachern, deren Anliegen es war, die Vielfalt künstlerischer Produktion zu demonstrieren.
Dem Graz-2003-Team hält Getzinger aber vor, Künstler übersehen zu haben: Es sei z. B. der Bedeutung von Günter Brus nicht angemessen, bloß ein altes Bühnenbild von ihm auszustellen. "Der Internationalisierungsschub war okay und richtig, aber nun sollte es zu einer Besinnung auf das kreative Potenzial in Graz kommen." Ähnlich argumentiert auch Buchmann, für den "die heimischen Autoren im 2003-Programm eher eine Randerscheinung" waren.
Die Kulturhauptstadtmacher protestierten zwar, weil die Literatur sehr wohl ein Schwerpunkt war und noch ist: Am 17. September beispielsweise gelangt in der Sprachmusik-Reihe Skandalon: Stille, eine Performance zu Texten des Grazer Dramatikers Werner Schwab, 1994 gestorben, zur Uraufführung.