Es gilt, Abschied zu nehmen. Es war ein Sommer, den wir so bald nicht wiedersehen werden (oder, wenn sich das mit der Klimaveränderung bewahrheitet, schon nächsten Sommer). Auf der Donau können keine Schiffe mehr fahren (oh, Sommer der Jugend, als man die russischen Schlepper anschwamm, um sich - lebensgefährlich - am Steuerruder hochzuziehen), der Neusiedler See hat nur noch 70 cm. Die Gletscher nässen vor sich hin. Die trockene Statistik meldet uns: Es war dieser Sommer heißer als das bisherige Rekordjahr 1811. 45 Tage über 30 Grad, das sollen sie uns erst einmal nachmachen. Übrigens: 1811, das war das Jahr, in dem Österreich den Staatsbankrott anmeldete, aufgrund von gründlich verlorenen Kriegen gegen Napoleon. Die Monarchie wurde damals regiert von einem dünnlippigen Pedanten mit vordergründiger Volksfreundlichkeit und gut verborgener, zutiefst reaktionärer Politik. Die Dürre war für gut 80 Prozent der Bevölkerung ein existenzielles Thema, weil etwa so viele Prozent in der Landwirtschaft tätig waren. Auf die Hitze folgte dann in Mitteleuropa eine kleine Eiszeit, sodass Heinrich Heine vom Sommer als "grün gestrichenem Winter" sprach. Aber das hatten wir ja in den letzten Jahren. (DER STANDARD, Printausgabe, 30./31.8.2003)