In Sachen Kinderbetreuung ist Frankreich Spitzenreiter. Unter den OECD-Ländern nimmt es knapp vor Dänemark und Schweden Platz eins bei den Hilfen für Eltern mit Kindern unter sechs Jahren und bezüglich der Förderung der Erwerbstätigkeit von Müttern mit Kindern ein. Kinderbetreuung beginnt ab dem dritten Lebensmonat: Die Krippe (Crèche) versorgt Kinder bis zum Alter von drei Jahren. Als Alternative oder Ergänzung zur Krippe bezuschusst der Staat auch Tagesmütter. Vierzig Prozent der Zweijährigen und 99 Prozent der Dreijährigen sind in Frankreichs Krippen untergebracht.

Mit vier wechseln französische Kinder in die Vorschule (École maternelle), mit sechs in die Ganztagsschule. Die Regel ist eine Fünftagewoche mit Betreuung von 7.30 Uhr bis 18.30 Uhr. Die Gebühren für die Krippe sind einkommensabhängig; bei voller Betreuung können sie mit zu 500 Euro zu Buche schlagen.

Frankreich liegt EU-weit hinter Irland (2,01 Kinder pro Frau) auf Platz zwei bei den Geburtenzahlen: Mit durchschnittlich 1,89 Kindern pro Frau ist der Abstand zu Österreich (1,37 Kinder) deutlich.

Schweden (Fertilitätsrate: 1,65) ist ebenfalls für seine Kinderfreundlichkeit bekannt: Wohl kaum jemand käme es in den Sinn, eine Frau, die ihre Kinder der Obhut öffentlicher Betreuungseinrichtungen überantwortet, als "Rabenmutter" zu bezeichnen. Im Zuge weitgehender Annäherung der Erwerbstätigkeit der Frauen und Männer ist Ganztagsbetreuung auch von Kleinkindern zum Alltag geworden: 42 Prozent der Einjährigen und 82 Prozent der Dreijährigen werden außer Haus betreut.

Die Betreuung wird größtenteils in kommunaler Regie betrieben und staatlich finanziert; nur etwa 15 Prozent aller Kinder besuchen privat betriebene Tagesstätten. Seit 1995 sind die Gemeinden gesetzlich verpflichtet, Kindern erwerbstätiger oder studierender Eltern einen Betreuungsplatz zur Verfügung zu stellen.

Auch Kinder von Erwerbslosen oder von Eltern im Erziehungsurlaub haben das Recht auf eine mindestens dreistündige Betreuung pro Tag.

Der Bedarf kann derzeit weitgehend abgedeckt werden, zumal die Geburtenrate während der umfassenden Sozialsparmaßnahmen in den 90er-Jahren stark zurückgegangen ist. Erst seit diesem Jahr befinden sich die Geburtenzahlen wieder langsam im Anstieg. Der Geldbeutel der Eltern wird durch die Betreuung in vertretbarem Maße belastet: Seit 2002 gilt ein System der so genannten Maximalbeiträge – ein bis drei Prozent des elterlichen Einkommens. Um die Rolle der Kindertagesstätten als pädagogische und nicht vorwiegend Verwahrungs-Stätte zu dokumentieren und zu stärken, wurde die Verantwortung für die Vorschulbetreuung 1995 vom Sozial- ins Bildungsministerium überstellt; seit 1998 existiert ein einheitlicher Lehrplan für die Betreuungseinrichtungen. (jwo, ren/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.8.2003)