ÖIAG Vorstandsdirektor Peter Michaelis (links) und Vorsitzender Rainer Wieltsch: Ein Verkauf ist das Beste für die voestalpine

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Wien - "Wir sind zum Schluss gekommen, dass ein breiter Börsengang das Beste für die Voestalpine ist." Mit diesen Worten gab ÖIAG-Vorstand und Voest-Vizepräsident Rainer Wieltsch am Dienstag die zuvor im Privatisierungsausschuss mehrheitlich gefasste Entscheidung der Staatsholding bekannt.

"Genauen Zeitpunkt bestimmt der Markt"

Wann die ÖIAG ihr 34,7- Prozent-Paket "mit breiter Streuung" unter Finanzinvestoren auf den Markt bringen will, steht noch nicht fest. "Den genauen Zeitpunkt bestimmt der Markt", sagte Wieltsch.

Oder doch die Politik: Denn wie DER STANDARD aus ÖIAG- Kreisen und von Teilnehmern des Privatisierungsausschusses erfuhr, sei paktiert, dass der Voest-Verkauf noch vor der oberösterreichischen Landtagswahl über die Bühne geht, wahrscheinlich am 18. September. Wieltsch schloss einen Verkauf noch vor dem 28. September auch nicht aus. Man wolle das Paket "möglichst rasch" verkaufen, den Zeitpunkt bestimme letztlich der Markt. Die endgültige Entscheidung fällt im ÖIAG-Aufsichtsrat am 5. September.

Bookbuilding-Verfahren

Gemäß EU-Recht sei ein Börsengang ohne internationale Ausschreibung möglich, denn dieser sehe ein Bookbuilding-Verfahren vor, bei dem alle Investoren gleich behandelt werden. Als durchführende Banken wurden JP Morgan und Erste Bank ausgewählt, eingebunden sei auch der Financial Advisor der Voest, UBS Warburg.

Mit einem breiten Börsengang könne "eine vernünftige Streuung der Aktionärsstruktur bei Voestalpine erreicht werden", ist Wieltsch überzeugt. "Man kann nicht alles gleichzeitig erfüllen", sagte Wieltsch zum Auftrag der Bundesregierung, nur mit Auflagen (Konzernzentrale, Forschung & Entwicklung in Österreich halten und inländische Kernaktionäre), und nicht an strategische Investoren zu verkaufen.

Grassers "industriepolitischer Vandalismus"

"Damit verstößt die ÖIAG erneut gegen das ÖIAG-Gesetz", wettert SPÖ-Wirtschaftssprecher Hans Moser. "Grasser setzt seinen industriepolitischen Vandalismus und Verschleuderungskurs fort." Was Wieltsch ebenfalls nicht ausschloss: Dass für zehn bis 15 Prozent der Voest- Aktien eine Wandelanleihe begeben wird, weil auf die Schnelle nicht das komplette 34,7-Prozentpaket an die Börse zu bringen sei - DER STANDARD berichtete. "Eine Wandelanleihe ist als Instrument des Kapitalmarkts noch in unseren Überlegungen enthalten."

Im Privatisierungsausschuss sei die Begebung einer Wandelanleihe als Teil des mehrstufigen Verfahrens genannt worden, sagte ein Aufsichtsratsmitglied nach der Sitzung. Man sei noch in der "Konzeptionsphase", deshalb sei vieles nicht ausgeschlossen, konterte der zweite ÖIAG- Vorstand, Peter Michaelis.

Wandelanleihe noch nicht ausgeschlossen

Offen ist auch, wie hoch die Abfindung für den über Insiderhandel gestolperten Voest- General Franz Struzl sein wird. Die kolportierten 5,5 Millionen Euro weist die Voest als falsch zurück. In Aufsichtsratskreisen kann man sich vorstellen, dass Struzl die Hälfte seines bis 2006 laufenden Vertrags ausbezahlt bekommt, da er noch gut ein Jahr Urlaub stehen habe. (ung, DER STANDARD Printausgabe 27.08.2003)