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Elmar Lichtenegger und Staatssekretär Schweitzer auf ihrer gemeinsamen Pressekonferenz

Foto: Reuters/Prammer

Wien - Zehn Jahre nach dem Dopingskandal um die ÖLV-Sprintstaffel sorgen im österreichischen Spitzensport erneut positive Dopingproben von vier Sportlern für Aufsehen. Anders als damals, als die Athleten den Gebrauch von verbotenen anabolen Steroiden zugegeben hatten, sehen sich der Hürdensprinter Elmar Lichtenegger und die Ruderer Martin Kobau, Helfried Jurtschitsch und Norbert Lambing jedoch als Opfer. Sie bekamen am Montag erneut Rückendeckung von Sport-Staatssekretär Karl Schweitzer und Karlheinz Demel, dem Chef des österreichischen Anti-Doping-Komitees.

Die Sportler verweisen darauf, dass sie in gutem Glauben ein in Österreich von obersten Sportstellen als unbedenklich eingestuftes Nahrungsergänzungsmittel verwendet hatten, von dem eine Charge aber mit einer verbotenen Substanz verunreinigt gewesen sei. Lichtenegger gab am Montag auf einer Pressekonferenz in Wien an, er habe das Produkt seit mehr als zwei Jahren in bestimmten Trainingsphasen immer wieder verwendet, ehe bei ihm Anfang Juni bei einer Kontrolle des Weltverbandes die verbotene Substanz nachgewiesen wurde.

"Kein systematisches Doping"

Lichtenegger ging nach dem ersten Schock über das für ihn unerklärliche Resultat von sich aus an die Öffentlichkeit, nachdem bei einer Kontrolle im IOC-Labor in Seibersdorf bei einer von ihm geöffneten sowie einer ungeöffneten Packung von MegaRibosyn 1100 eine "Verunreinigung" durch ein Prohormon nachgewiesen worden war. Auch die Ruderer gaben an, sie hätten das gleiche Mittel verwendet.

Weil der Grenzwert bei den vier Dopingtests jeweils nur geringfügig überschritten worden war, geht auch Demel davon aus, dass "kein systemisches Doping" vorliegt. "Die ähnlichen Werte lassen vermuten, dass die positiven Tests von der gleichen Substanz stammen", erklärte der Anti-Doping-Experte. Die Ruderer, von denen einer für sich und seine Kollegen eingekauft hatte, hatten die Verpackung mit der Chargennummer nach Aufbrauchen der Kapseln jedoch weggeworfen, so dass diese nicht mehr getestet werden konnte. ÖRV-Sportwart Johannes Gotsmy erklärte, Kobau habe sich freiwillig für den Dopingtest zur Verfügung gestellt, sein Gewissen sei rein gewesen.

Karriere-Ende bei Sperre

Die Athleten seien unschuldig, erklärte Sport-Staatssekretär Schweitzer. "Das Problem liegt bei denen, die dieses Nahrungsergänzungsmittel produzieren und in Handel bringen." Lichtenegger, der als Sportsprecher der FPÖ im Nationalrat sitzt, ist sich im Klaren, dass ihn eine zweijährige Sperre treffen könnte. In diesem Fall würde er seine Karriere beenden. "Dann will ich von meinem Sport nichts mehr wissen. Wenn ich wegen so etwas verurteilt werde, weiß ich nicht mehr, woran ich noch glauben soll."

Demel wird in den Verfahren vor den Weltverbänden, die das Quartett vorläufig gesperrt haben, als Zeuge aussagen. "Ich nehme an, das Lichtenegger freigesprochen wird", sagte Demel. Zahlreiche nationale Verbände verfechten im Kampf gegen Doping allerdings eine harte Linie. Dabei wird auch in Kauf genommen, dass der eine oder andere Betroffene unschuldig zum Handkuss kommt. Die Frage wird sein, ob sich die Instanzen im Fall der Österreicher strikt an die Bestimmungen halten oder bei ihren Entscheidungen die Rechtfertigungen bzw. vorgelegten Beweise akzeptieren.

Martin Kuchenmeister, der Geschäftsführer des österreichischen Anti-Doping-Komitees, sieht die Verbände in einer schwierigen Situation: "Wenn der Kampf gegen Doping Sinn machen soll, müssen die Verbände konsequent sein, wenn man kann nicht zweifelsfrei nachweisen kann, dass das positive Resultat von diesem Nahrungsergänzungsmittel kommt. Aber jeder Fall ist ein Einzelfall und das macht es schwierig." Demel verwies jedoch auf Fälle in Deutschland, in denen eine gleichermaßen geringfügige Überschreitung des Grenzwertes nicht geahndet worden sei, anderseits habe etwa Ringer-Olympiasieger Alexander Leipold die volle Härte des Gesetzes (Verlust der Goldmedaille) zu spüren bekommen.

Hersteller lässt testen

So wie die Sportler war auch der Geschäftsführer der Firma VitaminExpress, die das betroffene Produkt in Österreich vertreibt, nach dem positiven Test wie vor den Kopf gestoßen. Auch Demel hatte bestätigt, dass die Firma in Ordnung sei und ihre Produkte von sich aus in Seibersdorf testen lasse. Geschäftsführer Franz Huber kann sich den Fall Lichtenegger nur so erklären, dass dieser eine alte Charge verwendet hat, die aus dem Zeitraum Herbst 2001 stammt, als das mögliche Vorhandensein von Prohormonen in Nahrungsergänzungsmitteln noch gar nicht bekannt war. Die Prohormone könnten über den Bestandteil Ribose in den USA in die Substanz gelangt sein.

Altes Produkt

"Ich weiß nicht, warum Lichtenegger das zwei Jahre alte Produkt so lange aufgehoben hat und erst jetzt verwendet. Seine Dose stammt von einer Charge, die hergestellt und verkauft wurde, bevor das Thema überhaupt bekannt war", sagte Huber, nach dessen Aufzeichnungen der Kärntner nur drei Dosen gekauft hat. "Seit wir von Prohormonen wissen, das war Ende 2001, haben wir jede Charge kontrollieren lassen und alle waren sauber."

Dies hatte sich beim Test für das Institut für medizinische und sportwissenschaftliche Beratung ebenso bestätigt wie bei Untersuchungen von anderen Chargen nach dem Fall Lichtenegger. "Für uns ist dieser Fall eine Katastrophe, ich fürchte, dass der Umsatz leiden wird", sagte Huber. Demel hat das Produkt MegaRibosyn 1100, eines von vielen dieser Firma, nach dem Arzneimittelgesetz vom Markt nehmen lassen. (APA)