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Béla Kovács, Spitzname "KaGeBéla", ist EU-Parlamentarier von Jobbik

Foto: Reuters / László Balogh

Die rechtsextreme ungarische Partei Jobbik (Die Besseren) hat sich außenpolitisch seit jeher prorussisch positioniert. Kaum verwunderlich, wirkte sie an der Umsetzung des vielfach als Farce bezeichneten Referendums auf der ukrainischen Halbinsel Krim mit und entsandte "Wahlbeobachter".

Im EU-Parlament hat die offen antisemitische und romafeindliche Partei zwei Abgeordnete. Der eine von ihnen - Tamás Gaudi-Nagy - präsentierte sich dort in einem T-Shirt mit der Aufschrift: "Die Krim gehört Russland, die Karpato-Ukraine Ungarn!"

Béla Kovács, der andere Jobbik-Mandatar, gilt in Ungarn seit Donnerstagnachmittag als möglicher Spion im Solde Moskaus: So suggerierte es zumindest die Internetausgabe der Tageszeitung Magyar Nemzet, Sprachrohr des rechtspopulistischen Premiers Viktor Orbán. Konkret reichte die ungarische Oberste Staatsanwaltschaft bei EU-Parlamentspräsident Martin Schulz einen Antrag auf Aufhebung der Immunität Kovács ein.

Der genaue Grund wurde zwar als Staatsgeheimnis klassifiziert, doch ein Sprecher teilte Magyar Nemzet mit, dass die Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit mutmaßlichen Vergehen ermittle, auf die ein Strafmaß von bis zu acht Jahren stehe. Laut der Zeitung deute dies auf Spionage hin - zumal die Staatsanwaltschaft auf der Basis einer Anzeige des Inlandsgeheimdienstes ermittle. Kovács konterte: "Weder ich noch meine Ehefrau haben zu irgendeinem Zeitpunkt mit irgendeinem Geheimdienst zusammengearbeitet." Auch Swetlana Istochin, russisch-österreichische Staatsbürgerin, soll Magyar Nemzet zufolge für den KGB tätig gewesen sein.

Kovács hatte bis 2003 in der Sowjetunion bzw. in Russland gelebt. 1986 diplomierte er an der Universität für Internationale Beziehungen in Moskau, einer traditionellen KGB-Kaderschmiede. Ab 2005 engagierte er sich bei Jobbik.

Der vordergründig weltgewandte Kovács brillierte im Umfeld ultranationalistischer Jungintellektueller nicht nur mit umfassenden Sprachkenntnissen und internationalen Beziehungen, sondern pumpte auch eigenes Geld in die in Finanznöten steckende Partei. Wie er sich dieses in Russland erwirtschaftet hatte, wusste schon damals niemand. Wegen seiner Moskau-Kontakte gilt er bei Jobbik schon seit jeher als "KaGeBéla".

Das Timing der Enthüllung passt perfekt in den EU-Wahlkampf. Bei den Parlamentswahlen im April war Jobbik von 17 auf 20 Prozent geklettert. Kovács steht bei der EU-Wahl auf dem aussichtsreichen dritten Listenplatz. Die Medien von Orbáns Regierungspartei Fidesz setzen - dem Vernehmen nach - immer wieder Indiskretionen aus den Strafverfolgungsbehörden ein, um Gegner zu diskreditieren.

Konkurrenz für die EU-Wahl

Fidesz zeigte sich früher gegenüber Jobbik sehr wohlwollend; seitdem aber beide um Wähler am rechten Rand bemüht sind, gilt Jobbik als Konkurrenz. Inhaltlich will sich Orbán von ihr offenbar nicht wirklich distanzieren; er setzt (Staatsbürgerschaft für ethnische Ungarn im Ausland und Geschichtspolitik) durchaus auch deren Agenden um. Es bleiben - so meinen Kommentatoren - für direkte Auseinandersetzungen meist nur persönliche Kampagnen.(Gregor Mayer aus Budapest, DER STANDARD, 17.5.2014)