Sie sind groß, zeichnen sich für manche aber nicht durch herausragende Architektur aus: Wien Mitte, ...

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... Westbahnhof, ...

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... das AKH und ...

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... das Hotel Intercontinental.

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"Gesichtslos grau, kalt, endlose Weiten und graue Flächen, die ohne Menschen darauf tot wirken", schreibt ein User über "alle 'modernisierten' ÖBB-Bahnhöfe", die er auf derStandard.at als die hässlichsten Gebäude Wiens nominiert hat. 631 User sind bisher dem Aufruf gefolgt, Bahnhöfe scheinen dabei generell nicht gut anzukommen: Der neue Westbahnhof ist Spitzenreiter, gefolgt vom AKH, Wien Mitte und dem Hotel Intercontinental.

Diese von den Usern nominierten "Bausünden" stammen zwar aus unterschiedlichen Jahrzehnten, haben aber allesamt eines gemeinsam: Sie ragen über Wiens gründerzeitliche Bauten deutlich hinaus. "Ich glaube, dass höhere Häuser in Wien nach wie vor ungewohnt sind", sagt Patrick Jaritz von der IG Architektur.

Wenig Anspruchsvolles

Er macht für die Emotionalität, die manche angesichts dieser "Bausünden" ganz offensichtlich empfinden, auch eine fehlende Routine im Umgang mit anspruchsvoller Architektur im Stadtbild verantwortlich. "Wenn man von Architektur öfter herausgefordert wird, geht man lockerer mit Neuem um", ist er überzeugt. Dafür müsse man sich in Wien aber aus dem Zentrum hinaus begeben - etwa zur neuen Wirtschaftsuniversität beim Prater. Dass das Thema "Bausünde" die Menschen beschäftigt, weiß er: Architektur sei ein Thema, bei dem "jeder glaubt, sich äußern zu dürfen".

Der Begriff Bausünde gefällt Jaritz allerdings so gar nicht: "Das klingt mir zu religiös." Die Bewertung von Architektur sei eine höchst subjektive, die außerdem gewissen Moden unterliege. Avantgarde müsse Experimente machen dürfen - "auch auf die Gefahr hin, dass sie nicht gleich verstanden werden". Auf einen Gewöhnungseffekt sollten Architekten aber grundsätzlich nicht hoffen, sagt der Architekturpsychologe Riklef Rambow (siehe Interview): Prominente Bauten der 60er- und 70er-Jahre würden momentan abgerissen, "weil es ihnen nach 40 Jahren Gewöhnung nicht gelungen ist, die Herzen der Menschen zu erobern".

Architektur im Kontext

"Bausünden" ablichten statt abreißen wollen hingegen Christoph Schlessmann und Felix Lang, die sich an der Graphischen mit dem Thema "Subjektive Bausünden und das Blockhafte" beschäftigen. Insbesondere osteuropäisch anmutende Wohnblöcke hätten die beiden schon immer fasziniert. Für ihr Projekt haben die Studenten blockartige Gebäude frontal und "ohne sie zu beschönigen" fotografiert - etwa die Zentrale der AUVA im 20. Bezirk. Ihr Resumee: "Manche wirken beängstigend, aber auch ästhetisch."

Diese isolierte Betrachtungsweise ist aber nur eine mögliche Perspektive, betont Marion Gruber von der IG Architektur: Gebäude müssten in einen Kontext gesetzt werden, viele würden nämlich auf ihre Umgebung reagieren - "positiv oder negativ". Bei der vermeintlichen Bausünde sei es wichtig zu erfahren, wie es dazu gekommen ist: Ein Gebäude entstehe im Zusammenspiel zwischen Auftraggebern und Architekten unter bestimmten Rahmenbedingungen. Dabei gehe es um viel Respekt und Vertrauen. "Bauen ist ein Prozess in einem komplexen Umgebungssytem. Da alles richtig zu machen - gesetzlich, ökonomisch und ästhetisch - ist eine Herausforderung." Und eben auch eine, die nicht immer glückt. Daher wünscht sich Gruber auch mehr Austausch darüber - denn am besten lerne man, wenn man Fehler machen und darüber reflektieren könne.

Self Storage? "Weniger Klumpert!"

Doch auch bei sich selbst könnte man die Schuld suchen, etwa für jenes markante knallrote "Self-Storage"-Gebäude am Gaudenzdorfer Gürtel, das von den Usern mehrmals nominiert wurde. Es sei ein "ehrliches Gebäude", so Franz Kobermaier, Abteilungsleiter der MA19, kürzlich bei der Präsentation der baukulturellen Leitsätze für Wien, denn: "Wir könnten doch auch einfach alle miteinander weniger 'Klumpert' haben." (Franziska Zoidl, DER STANDARD, 17.5.2014)