Tirana - Vor dem Parlament in Tirana haben am Donnerstag Oppositionsanhänger gegen die Regierung von Premier Edi Rama demonstriert. Die oppositionellen Demokraten (PD) forderten den Rücktritt des sozialistischen Ministerpräsidenten. Sie wollen ihre Proteste nun täglich fortsetzen.

Zuletzt sorgte in Albanien vor allem die Territorialreform, bei der die Verwaltungseinheiten neu eingeteilt werden sollen, für politischen Zündstoff. Bei der Demo lag der Schwerpunkt aber auf dem organisierten Drogenhandel mittels Flugzeugen. PD-Chef Lulzim Basha warf Rama vor, hier versagt zu haben. "Wir haben diese Schlacht begonnen, damit wir sie jeden Tag fortsetzen, bis Edi Rama die Verantwortung übernimmt und geht", sagte Basha laut Sender "Top Channel".

Ruhige Machtverschiebung

Rama war im vorigen September an die Macht gekommen. Die PD war abgewählt worden, und die Sozialistische Integrationsbewegung (LSI), die mit den Demokraten koaliert hatte, war wieder ins PS-Lager gewechselt und sichert den Sozialisten nun die Mehrheit.

Der Regierungswechsel 2013 ging ganz im Gegensatz zu den meisten früheren Machtverschiebungen in Albanien ruhig vonstatten. Rama etwa, als er 2009 nicht den Sprung ins Premiers-Amt schaffte, fuhr einen Boykott- und Protestkurs. Auf dem Höhepunkt der Konfrontationen wurden bei einer Anti-Regierungs-Demonstration in Tirana vier Demonstranten durch Schüsse der Republikanischen Garde getötet.

Bereits im Februar war die PD für einen Tag gegen die Regierung auf die Straße gegangen. Ex-PD-Chef und Ex-Premier Sali Berisha warf Rama dabei vor, Wahlversprechen gebrochen zu haben. Schon früher hatte die PD den Vorwurf erhoben, die Armee sei in den Drogenschmuggel verwickelt.

Rama steht unter Druck. Mit Verspätung hat die Wirtschaftskrise auch Albanien erreicht. Rama hat die Steuern auf Unternehmensgewinne und die Einkommensteuer mit Verweis auf die von der Vorgängerregierung Berishas hinterlassenen maroden Staatsfinanzen erhöht. Außerdem schloss er im Februar einen Kreditvertrag mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über mehr als 300 Millionen Euro, um Privatfirmen ausstehende Mehrwertsteuervergütungen zu zahlen. Die Staatsschulden erreichten 2013 70 Prozent des BIP.

Rama war mit dem Schlagwort "Wiedergeburt" angetreten. Mit der Praxis der Klientelwirtschaft, wo bei einem Regierungswechsel massiv Beamte auch der mittleren und unteren Ebenen durch eigene Parteigänger ausgetauscht werden, brach er freilich nicht. Außerdem werden die Regierungsbeschlüsse laut Portal www.balkaninsight.com unter Rama nicht mehr online veröffentlicht, sondern erst im Amtsblatt. Diese bremse Kritik aus, so Kritiker des Vorgehens.

Albanien erhofft sich, im Juni den Status eines EU-Beitrittskandidaten zuerkannt zu bekommen. Am nächsten Dienstag besucht Bundespräsident Heinz Fischer Albanien. (APA, 15.5.2014)