Am heutigen elften Verhandlungstag im YLine-Strafprozess ist die Fünftangeklagte, die frühere YLine-Wirtschaftsprüferin, einvernommen worden. "YLine war ein Start-up", betonte sie, also "ein junges Unternehmen mit einer innovativen Geschäftsidee". Die Investoren hätten gewusst, dass sie hier Risikokapital investieren. Darauf sei im Börsenprospekt ausführlich hingewiesen worden.

Die frühere Wirtschaftsprüferin der YLine war beim Wirtschaftsprüfungsunternehmen Ernst & Young tätig. Dort war sie auch beteiligt und bezog ein Geschäftsführergehalt. Sie hatte YLine bei den Börsengängen und bei den Kapitalerhöhungen begleitet. Das Unternehmen war erst 1998, also ein Jahr vor dem ersten Börsengang 1999, vom nun Hauptangeklagten Werner Böhm gegründet worden.

Lange vor Konkurs zahlungsunfähig

Im Herbst 2001 meldete die YLine Konkurs an. Laut Anklage war die YLine aber schon spätestens Mitte Jänner 2001 zahlungsunfähig. Elf Angeklagte, frühere Vorstände und Aufsichtsräte, sitzen nun im YLine-Strafprozess auf der Anklagebank, die Vorwürfe lauten auf Untreue, Insiderhandel und Bilanzfälschung.

Die mitangeklagte Ex-Prüferin sagte heute aus, schon Ende 2000 sei es am Markt "schwierig" für die New-Economy-Unternehmen geworden. Der YLine sei es aber vergleichsweise besser gegangen, weil die Investoren wussten, dass der US-Konzern IBM dahinterstand. Ihrer Meinung nach kam dann das endgültige Aus für die New Economy-Unternehmen erst am 11. September 2001, also am Tag des Terroranschlags in den USA.

"Visionär" ohne Kontrolle

Die damalige Prüferin beschrieb Ex-YLine-Vorstandschef Böhm als "Visionär", der an seine Unternehmensideen geglaubt habe. Für deren Umsetzung habe er anderen Leuten vertraut, ohne sie allerdings zu kontrollieren. Bei der Unternehmensbewertung derartiger New Economy-Unternehmen habe es für die Plausibilitätsprüfung der Business-Pläne keine Unternehmensgeschichte gegeben, schilderte die Angeklagte heute. YLine hatte aber schon Kunden. Die Schätzungen für die Zukunft hätten auf Marktstudien basiert. Die Kapitalgeber seien "große internationale Investoren" gewesen, die von der Risikosituation aus dem Börseprospekt gewusst hätten.

Ihr laut Prüferin gutes Verhältnis zur YLine-Führung hatte sich allerdings massiv verschlechtert, als sie einen "Warnbrief" schrieb. Dazu sei sie gesetzlich verpflichtet gewesen, da sie von "bestandsgefährdenden" Umständen den Vorstand informieren musste. Eigentlich habe sie damit dem Vorstand helfen wollen, damit er seine offenen Forderungen mit mehr Nachdruck eintreiben könne, meinte sie heute. Vorher seien die Türen der damaligen Unternehmensführung für sie offen gewesen, danach "nicht mehr so offen".

Bestätigungsvermerk

Die Prüferin erteilte aber doch einen Bestätigungsvermerk für den Jahresabschluss 2000. Dieser war nach ihren heutigen Angaben "kein eingeschränkter Bestätigungsvermerk, sondern ein Bestätigungsvermerk mit Zusätzen". Sie habe dadurch über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens am besten informieren können, begründete sie heute dieses Vorgehen. "Die Fünftangeklagte....trug im Wissen um die Unrichtigkeit der von ihr testierten Umstände zur Untreue der Vorstände bei", heißt es in der Anklage.

Laut dem Gutachten des Sachverständigen Thomas Keppert, auf das sich die Anklage stützt, war die YLine spätestens zum 17. Jänner 2001 zahlungsunfähig, das heißt sie war nicht imstande, alle zu diesem Zeitpunkt fälligen Schulden innerhalb angemessener Frist zu begleichen.

Der Prozess wird am Donnerstag, den 15. Mai, im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts fortgesetzt. (APA, 14.05.2014)