Der Online-Handel zählt zu den größten Treibern der Intralogistik-Branche. Von dessen Zuwächsen kann der klassische Handel nur träumen.

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Und er zwingt viele Firmen zu neuen Logistikkonzepten.

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Die Waren immer schön im Fluss halten: Befeuert durch E-Commerce, der immer mehr Sparten erfasst, wächst die Nachfrage nach intelligenten, selbststeuernden Intralogistik-Systemen. Das "Internet der Dinge" nimmt dabei konkrete Gestalt an. Kein anderer Logistikbereich birgt so viel Wachstumspotenzial wie die Intralogistik. Dezent im Hintergrund agierend, sorgt sie für das Funktionieren der Material- und Warenflüsse innerhalb des Unternehmens. Ohne sie läuft in Zeiten des globalisierten Wirtschaftslebens nichts mehr.

Groß sind allerdings die Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Denn Produktionsunternehmen müssen immer schneller und flexibler auf sich ändernde Marktbedingungen reagieren. Eine rasant wachsende Zahl an Produktvarianten, schneller technischer Fortschritt sowie steigender Kosten- und Zeitdruck verlangen von der Intralogistik immer komplexere Lösungen bei immer kürzeren Innovationszyklen. Kleinere Stückzahlen, noch kürzere Lieferzeiten und maximale Verfügbarkeit sind das Gebot der Stunde.

Starkes Wachstum

Allein in Deutschland erzielte die Intralogistikbranche im Vorjahr einen Jahresumsatz von 19,7 Mrd. Euro. Sie wuchs mit einem Plus von drei Prozent 7,5-mal so stark wie die gesamtdeutsche Wirtschaft. Einer der größten Treiber ist dabei der Online-Handel, von dessen Zuwächsen der klassische Handel nur träumen kann. Rund 2,5 Mrd. Euro gaben die Österreicher 2012 für Online-Einkäufe aus (das ist ein Plus von 19 Prozent gegenüber 2011). Tendenz stark steigend, denn E-Commerce steht knapp davor, auch den Lebensmittelhandel zu erobern. Erste Gehversuche wie AmazonFresh wurden bereits unternommen. Das oberösterreichische Handelshaus Pfeiffer rechnet damit, dass in zehn Jahren 30 Prozent der Lebensmitteleinkäufe online erfolgen - und rüstet sich bereits heute: Ab Sommer wird die Post als Logistikpartner online bestellte Milchprodukte und Brot zustellen. Ab Herbst sollen dann alle 5500 Pfeiffer-Artikel - ausgenommen Bierkisten und Tiefkühlware - online erhältlich sein.

Intelligente Selbststeuerung

Angesichts dieser Datenflut befinden sich heutige IT-Systeme schon bald auf verlorenem Posten. Am besten wäre es, zukünftige Logistiksysteme könnten denken und die Waren ihren Weg zum Kunden gleich selbst organisieren. Vor einigen Jahren noch als Utopie abgetan, nimmt dieses "Internet der Dinge" nun immer konkretere Formen an.

Wissenschafter des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik haben dafür schon eine konkrete Vision: Jeder Behälter, Palette oder Paket wird mit einem digitalen Speicher ausgestattet, auf dem sich Ziel- und Prioritätsinformationen befinden. Sie können daher selbstständig einfache Entscheidungen treffen und finden dank RFID-Technologie alleine ihren Weg zum Ziel. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass sämtliche dezentral und autonom interagierenden Systemkomponenten vollautomatisch wie Zahnräder ineinandergreifen - von der Bestellung bis zur Lieferung beim Endkunden.

Aufgrund der Anforderungen des Online-Handels überdenken viele Firmen ihre Logistikkonzepte gleich komplett: Die Entwicklung geht in Richtung Automatisierung der Kommissioniersysteme, wobei es eine grundlegende Verschiebung gibt: "Während wir früher individuelle Kundenlösungen entwickelten, geht der Trend nun zum modularen Aufbau von Softwarelösungen", sagt Hannes Neubauer, Geschäftsführer des zur SSI-Schäfer-Gruppe gehörenden steirischen Automationsspezialisten Salomon. Nur für Großkunden würden, basierend auf diesen Modulen, noch individuelle Lösungen erarbeitet. Die breite Masse an KMUs erwartet jedoch eine standardisierte Software, die rasch eingesetzt werden kann.

Hidden Champions aus Österreich

"Wir sind mit dem Wirtschaftsjahr 2013/14 sehr zufrieden", erklärt Gerald Hofer, Vorstandsvorsitzender der Knapp AG. Der weltweit agierende Intralogistik-Komplettanbieter mit Sitz in Hart bei Graz erwirtschaftete im Vorjahr rund 384 Mio. Euro Umsatz - und mit 5,4 Mio. Euro den höchsten Gewinn der Firmengeschichte. Unter dem Leitsatz "Making Complexity Simple" vereint Knapp eine Reihe von Neuentwicklungen, wie das OSR Shuttle Eco, das Open Shuttle für Transporte im Lager oder das Ylog-Shuttle für produktionsnahe Anwendungen.

Kombiniert mit dem Taschensortiersystem der Knapp-Tochter Dürrkopp, bieten sie das Rüstzeug für E-Commerce- und Multichannel-Lager. Im Fokus stehen dabei Branchenlösungen für Pharma, Fashion oder Food- und Non-Food-Handel. Knapp, groß geworden mit Automatisierungslösungen im Pharmabereich, realisierte bereits Jahre vor dem allgemeinen E-Commerce-Boom Lösungen für die Einzelstückkommissionierung. "Wir setzen bei unserem 'Zero Defect Warehouse' auf Qualitätssicherung im Arbeitsablauf statt auf Fehlererkennung bei der Endkontrolle", sagt Hofer.

Komplett in die Sparte "Logistiksysteme" des Lagertechnik-Vollanbieters Jungheinrich eingegliedert wurde die Grazer ISA GmbH, nunmehr Jungheinrich Systemlösungen GmbH. Nachdem sich der Hamburger Konzern bereits 2009 mit 25 Prozent am Automationsspezialisten ISA beteiligte, erfolgte im Vorjahr die Komplettübernahme. Ausgehend von einer weiteren Dynamisierung der Wirtschaft, erwartet sich Geschäftsführer Markus Skof ein All Time High bei den Auftragseingängen.

Automatischer Warentransport

Durchbrochen wird die steirische Dominanz auf dem Intralogistik-Sektor von der Linzer DS Automation GmbH: "Wir konnten 2013 den bisher höchsten Auftragseingang in unserer 30-jährigen Firmengeschichte erzielen", sagen die beiden Geschäftsführer Arthur Kornmüller und Manfred Hummenberger. Ein hoher Anteil sei auf Logistikprojekte für den automatischen Warentransport in Krankenhäusern zurückzuführen. Generell ist das Unternehmen jedoch auf die Branchen Automotive, Hospital & Healthcare sowie Print & Paper spezialisiert. (Max Huber, DER STANDARD, 14.5.2014)