Wien - Die Zeit drängt. In längstens vier Wochen muss Österreich wie die anderen EU-Mitgliedsstaaten auch die 2012 in Kraft getretene Richtlinie zur Energieeffizienz umsetzen. Der ursprüngliche Fahrplan sah den Beschluss von Maßnahmen zum effizienteren Einsatz von Energie schon im vorigen Sommer vor. Da weder Grüne noch FPÖ der Regierung zur nötigen Zweidrittelmehrheit verhelfen wollten, blieb Energieeffizienz nur ein Plan auf Papier.

In einem zweiten Anlauf versucht jetzt Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (VP), den Plan doch noch in ein Gesetz zu gießen. Am Freitag wurde der Entwurf in Begutachtung geschickt, Kritik daran folgte prompt.

Der Gesetzesentwurf sieht unter anderem vor, dass der Endenergieverbrauch in Österreich bis zum Jahr 2020 bei einem Wert von 1100 Petajoule (rund 306.000 Gigawattstunden) stabilisiert wird. Das Ziel sei "indikativ", stellte das Wirtschaftsministerium am Freitag klar. Das heißt, ein Verfehlen des Ziels hätte keine weiteren Konsequenzen. Nicht nur das ärgert die Grünen. "Für uns ist wichtig, dass ein Pfad der Energieeinsparung definiert wird, der über das Jahr 2020 hinausgeht und auch verbindlich ist", sagte die Umweltsprecherin der Grünen, Christiane Brunner, im Gespräch mit dem Standard. Kritisiert wird auch, "dass sämtliche Ausnahmen, die die EU-Effizienzrichtlinie zulässt, ausgenützt werden". Dass neue Ölheizungen ebenfalls als Energie sparend angerechnet werden können, sei "ein Witz".

Die FPÖ, die der Regierung alternativ zu den Grünen Parlamentariern die Verfassungsmehrheit im Nationalrat sicherstellen könnten, haben zuletzt die Notwendigkeit eines Energiespargesetzes an sich in Frage gestellt. Auf die Konsumenten drohe eine Kostenlawine zuzurollen, das gelte es zu verhindern.

Gangbarer Weg ohne Gesetz

Verbindlich festgeschrieben ist im Entwurf des Wirtschaftsministeriums die Vorgabe der EU, die Energieeffizienz der Endkonsumenten pro Jahr um 1,5 Prozent zu steigern. Das wird dadurch entschärft, als nach 2008 gesetzte Maßnahmen, sogenannte "early actions", genauso anrechenbar sind wie laufende Maßnahmen und Effizienzförderungen wie beispielsweise die thermische Sanierung.

Sollten weder Grüne noch FPÖ einlenken, könnte die Regierung das Gesetz sausen lassen, vermuten Insider. Die EU-Energieeffizienzrichtlinie bietet ein Schlupfloch. In einem Passus steht nämlich, dass das Ziel auch mit alternativen Mitteln erreicht werden könne, wenn diese denselben Effekt haben. In Österreich gibt es einige Sachen, die man anrechnen könnte, angefangen bei der Wohnbauförderung über die Mineralölsteuer und all die anderen Abgaben mit Energiebezug, zum Beispiel die Erdgasabgabe.

Es gibt freiwillige Vereinbarungen bei Öl, Gas, Strom und Fernwärme, die sich über das Jahr 2016 hinaus verlängern ließen. Bleibt noch die Verpflichtung, dass große Unternehmen ab 250 Mitarbeiter alle drei Jahre ein Energie-Audit machen müssen. Das könnte man in der Gewerbeordnung regeln. Das geht ohne Zweidrittel-Mehrheit. (Günther Strobl, DER STANDARD, 10.5.2014)