Tanzen statt shoppen: Wo einst um Umsatz gerungen wurde, entsteht nun ...

Foto: Klaus Pichler, Megatabs

... ein Musikcluster mit Musikschule, Pop-Akademie sowie einem neuen Tanzstudio nach Plänen von Megatabs.

Visualisierung: Megatabs

Gähnende Leere. Herumlungernde Popkonzertbesucher. Geschäfte, die nach und nach zusperren: Das ist das Bild, das man in den letzten Jahren mit der Shoppingmall im Gasometer, einst G-Town genannt, in Verbindung brachte. Seitdem die denkmalgeschützten Gasometer zwischen 1999 und 2001 für 174 Millionen Euro revitalisiert wurden, erfreuen sich die Wohnungen und Studentenzimmer reger Nachfrage und geringer Fluktuation.

Mit dem einst 15.000 Quadratmeter großen Shoppingcenter jedoch ging es seitdem bergab. 2003 kauften die Bauträger Gesiba und Wohnbauvereinigung für Privatangestellte (WBV-GPA) für einen Euro die Shopping- und Entertainment Center Vermietungs GmbH (GSE) auf, an der sie nun jeweils 50 Prozent halten. "Die Mall war zu klein für ein überregionales Shoppingcenter und zu groß für ein regionales EKZ", sagt Andrea Holzmann, Geschäftsführerin der WBV-GPA. "Auch die Stadtentwicklung rundherum ging langsamer vonstatten als gedacht." Als 2007 ein Drittel der Geschäftsflächen leerstand, habe man schließlich eingreifen müssen.

Akustik als Herausforderung

In Zusammenarbeit mit dem Kulturwissenschafter Vitus Weh wurde ein Konzept erarbeitet, um die leerstehenden Handelsflächen neu zu befüllen. Es entstand die Idee, in den Gasometern B, C und D eine "Music City" zu etablieren. In der Phase eins konnte mit dem Musikinstrumente-Händler Klangfarbe ein Großmieter für 3300 Quadratmeter gewonnen werden. In der Phase zwei wurde Gasometer B für 1,1 Millionen Euro in einen Musikcluster samt Pop-Akademie, Electronic Music Academy (EMA), Music Lab für Jazz and Popular Music Vienna (JAM) und kleineren Musik- und Kulturdienstleistern umgebaut.

In der Phase drei, die letzten Mittwoch offiziell eingeläutet wurde, soll Gasometer C für zwei Millionen Euro in ein 1800 Quadratmeter großes Tanzausbildungszentrum umgebaut werden. Hauptmieter ist das Performing Center Austria. Hinzu kommen Musikproberäume auf 500 Quadratmetern. Weitere 1000 Quadratmeter, die in diesem Zuge ebenfalls adaptiert werden, stehen für musikaffine Nutzungen zur Verfügung. "Künftige Mieter werden sich dem Konzept der Music City unterordnen müssen", so Holzmann.

Generalplaner ist das Wiener Ziviltechnikerbüro Fritsch, Chiari & Partner (FCP). "Die größte Herausforderung für uns ist die Akustik", erklärt Reinhard Mechtler, Geschäftsführer von FCP. "Zwischen den einzelnen Tanzstudios muss erhöhter Schallschutz gegeben sein. Außerdem muss die Lüftungsanlage entsprechend adaptiert werden, denn Tanzen hat aufgrund des starken Schwitzens andere haustechnische Anforderungen als gemütliches Shoppen."

Mietpreise sind unbekannt

Die Rolltreppen, die die beiden Shopping-Ebenen einst verbunden hatten, wurden zerstückelt und entsorgt, Lufträume wurden geschlossen, Trennwände werden bereits aufgestellt, und demnächst sollen die neuen Stiegenläufe betoniert werden. Bis August soll der Umbau der ehemaligen H&M- und Esprit-Flächen abgeschlossen sein. Die Eröffnung des neuen Performing Center, das nach Angaben der WBV 600 bis 700 Tanzschüler anziehen soll, ist für September geplant. Über die Mietpreise hüllt sich die Wohnbauvereinigung in Schweigen.

Das architektonische Leitkonzept für den Umbau stammt vom Wiener Architekturbüro Megatabs. "Das Schwierigste für uns war, den kreisförmigen Grundriss des Gasometers in tanzfähige Räume aufzuteilen", erklärt Megatabs-Chef Daniel Hora. "Außerdem haben wir uns bemüht, die Räume möglichst transparent zu gestalten, damit man vom tanzenden Innenleben des Performing Center möglichst viel mitbekommt."

Auch die bis zu einen Meter dicken Ziegelwände sollen dank abgeschlagenen Putzes in den einzelnen Studioräumen wieder in Erscheinung treten. Nach langen und teuren Umwegen wird der Gasometer nun wieder zu dem, was er bis Ende der 1990er-Jahre war: zu einem Tanztempel. (Wojciech Czaja, DER STANDARD, 10.5.2014)