Andreas Rudigier, Direktor des Vorarlberg-Museums, pendelt zwischen Bregenz, Schruns und Zams. Warum der Vielfahrer dennoch nicht heimatlos ist, erfuhr Jutta Berger, als sie ihn in Schruns besuchte.

"Ich habe ein Dreiecksverhältnis zwischen Bregenz, Schruns und Zams. In Bregenz arbeite ich, und zwar im Vorarlberg-Museum, in Schruns bin ich unter der Woche zu Hause und in Zams am Wochenende in einer Art Urlaub. Das hängt mit meiner Familie zusammen. Meine Frau Ursula lebt mit den Kindern Caroline und Stefan in ihrem Heimatort Zams. Ich bin als Montafoner ans Montafon und jobmäßig an Vorarlberg gebunden. Daheim fühle ich mich jedoch eindeutig im Montafon, weil mir die Landschaft so gut gefällt.

Der Stubenkasten stammt vom Vater und das Sofa von der Oma: "Versatzstücke" nennt Andreas Rudigier seine Möbel. Die Wohnung bezeichnet er als "Lager". (Foto: Christian Grass)
Foto: Christian Grass

Das Aufteilen auf drei Orte fällt mir nicht schwer – wegen der Vorfreude. Ich freue mich, wenn ich in Richtung Zams fahre. Ich fühle mich aber auch gut, wenn ich wieder nach Vorarlberg fahre. Deshalb hab ich das auch nie geändert. Vielleicht hängt das mit den Freiräumen zusammen, die man sich so schaffen kann. Die reduzieren sich derzeit aber sehr stark auf die Autofahrten. Das muss ich schon eingestehen. Durch die vielen Ortswechsel ist mein Auto ein fahrendes Büro. Ich hab immer alles dabei.

Ich bin ein Fahrender, meine Wohnung ist mein Lager. Deshalb ist sie auch nicht so eingerichtet, wie sie vielleicht wäre, wenn man mit Familie sieben Tage die Woche hier leben würde. Sie ist zehn Jahre alt, liegt schön mit Blick auf Mittagsspitze und Zimba und hat vier Zimmer sowie einen kleinen Garten, wo das Gras oft einen halben Meter hoch wächst. Eingerichtet ist sie mit Versatzstücken, die von der Oma beziehungsweise noch aus meiner Studentenzeit übriggeblieben sind. Der Stubenkasten ist ein Stück aus Vaters Depot. Den Kasten hab ich mitgenommen, als ich daheim ausgezogen bin.

Mein Vater ist Kunsthändler, spezialisiert auf Gotik und Barock. Ich hab Kunstgeschichte studiert, aber nicht wegen des Vaters – oder zumindest nicht bewusst. Einige alte Stücke hab auch ich angesammelt, zum Beispiel eine kleine Skulptur, die Erasmus Kern zugeschrieben wird. Das war der einzige Vorarlberger Barockbildhauer mit Rang und Namen! Es gab noch nie eine Ausstellung über ihn. Wäre hoch an der Zeit!

Das allererste Objekt hab ich als Student auf dem Flohmarkt gekauft: ein Kruzifix mit Assistenzfiguren. Kirchgänger bin ich aber keiner, muss ich dazu sagen. Johannes, der Evangelist, links vom Kasten, könnte gotisch sein, aber auch nur neugotisch. Mir fehlt die Zeit, das zu ergründen. Literatur dazu habe ich in rauen Mengen gesammelt. Irgendwann mal werde ich sie hoffentlich auch sichten.

Besonders gern hab ich das Engele von Johann Ladner. Über Ladner hab ich meine Diss geschrieben. Da war ich dann gierig, wollte unbedingt etwas von diesem spätbarocken Künstler haben. Die Madonna vor dem Fenster ist aus dem Erasmus-Kern-Umfeld. Mein Vater hat sie mir vermittelt. Es ist das Objekt, das mich am meisten fasziniert. Altar baue ich um die Madonna aber keinen auf. Je nach Jahreszeit stelle ich Christbaumkugeln und Osterhasen dazu. Nur meine Frau steht nicht so auf diese Kombinationen.

Wenn ich an einem einzigen Ort leben würde, würde ich eher in einer Wohnung leben wollen, denn ich bin nicht so der Haus-und-Garten-Typ. Ich könnte mir sogar vorstellen, in der Stadt zu leben. Aber keineswegs in einer Altbauwohnung, denn ich hab leider überhaupt kein handwerkliches Geschick. Na ja, außer ich hätte Geld ohne Ende, um Handwerker zu beschäftigen.

Wichtig ist mir beim Wohnen, dass man gut sitzen kann. Damit meine ich nicht nur den Komfort. Räume sollen Kommunikation ermöglichen. Man soll gut zusammensitzen können. Deshalb steht hier auch eine Eckbank. Das ist das Zentrum, wenn meine Familie in Schruns ist." (DER STANDARD, 10.5.2014)