Testament | Gesetzliche Erbfolge | Patchwork und Co. | Erbschaftssteuer | Unternehmensweitergabe

Wien – Die Vermögenssituation ist ein Thema, über das in Familien nur selten offen gesprochen wird. Das beklagen Experten immer wieder. Noch weniger wird aber über die Weitergabe von Vermögen beziehungsweise über die geordnete Übergabe des familiären Hab und Guts gesprochen. Das kann sich im Ablebensfall aber schnell als Nachteil erweisen. Hinterbliebene, die um das Erbe streiten, oder eine Verwertung, die eigentlich nicht im Sinne des Eigentümers gewesen wäre, sind nur zwei Beispiele dafür.

Um seinen Nachlass nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten, braucht es ein Testament. Die Erstellung eines solchen Dokuments stellt für viele aber eine Hürde da, weil man auch mit der eigenen Sterblichkeit konfrontiert wird. "Angesichts der Tatsache, dass derzeit so viel ver- und geerbt wird wie nie zuvor, sollte man sich aber Gedanken darüber machen", hält Elke Willi, Vermögensexpertin bei der Schoellerbank, in einem Analysebrief fest.

Gesetzliche Regelung

Je mehr man seine Habseligkeiten oder sein Vermögen nach den eigenen Wünschen verteilen möchte, desto wichtiger ist ein Testament, denn im Fall des Falles sieht das Erbrecht eine klare gesetzliche Erbfolge vor, die von der Verwandtschaftsstruktur anhängig ist. Lebenspartner, Freunde oder Organisationen (die man bisher regelmäßig unterstützt hat) werden nicht berücksichtigt.

Wer sich mit der Vermögensweitergabe beschäftigt, sollte zuerst eine Aufstellung machen, damit ein Überblick entsteht, was alles aufgeteilt werden kann und muss. Damit wird auch transparent, ob man vorab Schenkungen durchführen sollte und wem man was vererben möchte. Soll ein Familienbesitz nicht zerteilt werden, kann das auch testamentarisch festgehalten werden.

Vorsorgevollmacht

Für den Fall, dass eine Person die erforderliche Geschäftsfähigkeit oder Einsichts- und Urteilsfähigkeit verliert, "kann – solange man noch voll geschäftsfähig ist – einer oder mehreren Personen eine Vorsorgevollmacht erteilt werden", sagt Willi. Damit soll sichergestellt werden, dass im Sinne des Vererbenden gehandelt wird, auch wenn dieser nicht entscheidungsfähig sein sollte.

Wer keine Nachkommen hat oder diese nur mit dem Pflichtteil abfinden will, kann mit seinem restlichen Erbe auch wohltätig sein. Initiativen wie "Mein Erbe tut Gutes" wollen dazu animieren, Geld für gute Zwecke zu vererben, bevor es dem Staat zufällt.

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Das Erbrecht in Österreich

Durch die gesetzliche Erbfolge wird geregelt, wer von einem Erbe begünstigt wird, wenn jemand stirbt, ohne ein gültiges Testament zu hinterlassen, oder in einer gültigen letztwilligen Verfügung nur über bestimmte Teile des Nachlasses verfügt hat bzw. wenn die Testamentserben das Erbe nicht annehmen. Ein gesetzliches Erbrecht haben Eheleute (sofern die Ehe noch aufrecht ist; bei einer Scheidung erlischt der Anspruch) und Personen, die mit dem Erblasser in nächster Linie verwandt sind. Je näher die Verwandtschaft ist, desto eher wird man in der Erbfolge berücksichtigt.

Stiefeltern oder Stiefgeschwister, mit denen keine Blutsverwandtschaft besteht, sondern nur eine angeheiratete, haben kein gesetzliches Erbrecht.

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Foto: Kathrein
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"Beim Erben hört sich der Goodwill meist auf"

Das Erbrecht in Österreich ist auf die klassische Familiensituation ausgerichtet. Für die neuen Familienformen gibt es daher einiges zu berücksichtigen.

STANDARD: Warum ist die Vermögensweitergabe so ein Tabuthema?

Höllinger: Weitergabe kann etwas sehr Komplexes sein – vor allem, wenn Unternehmen im Spiel sind. Die Konfrontation mit dem Ableben ist in unserer Kultur zudem nicht üblich. Das schiebt man gerne weg. Damit stellt man die nächste Generation aber auch vor Probleme. Manchmal geht es auch darum, Farbe zu bekennen und sich zu überlegen, wem was hinterlassen werden soll. Wichtig ist auch zu überlegen, was man selbst noch behalten will. Nicht selten kommt es vor, dass Vermögen bei Lebzeiten verschenkt wird, und plötzlich steht der Verschenker ohne genügend Eigenmittel da. Schenkungen kann man aber nicht zurückholen.

STANDARD: Das Erbrecht hat doch ohnehin ganz klare Regelung, wem was zusteht ...

Höllinger: Das Erbrecht in Österreich ist aber auf die klassische Familiensituation ausgerichtet: Mama, Papa, zwei Kinder und Großeltern. Kein Testament zu haben war insofern oft okay, weil das Erbrecht vorsieht, dass ein Drittel der Ehepartner bekommt, der Rest wird unter den Kindern aufgeteilt.

STANDARD: So klassisch sind Familien heute aber nicht mehr. Stichwort nichteheliche Lebensgemeinschaft und Patchworkfamilien ...

Höllinger: Richtig. Da gibt es Kinder aus Vorehen, unverheiratete Eltern oder versorgungspflichtige Ehefrauen. Darum ist es mein Plädoyer, diese neuen Situationen, die das Gesetz nicht abdeckt, besonders anzuschauen. Auch wenn man noch keine 50+ ist, ist es ratsam, ein Testament zu machen. Vor allem, wenn es minderjährige Kinder gibt, sollte man eine Verfügung haben, für den Fall, dass den Eltern etwas zustößt. Über das Testament der Oma macht man sich schnell einmal Gedanken. Aber im mittleren Alter mit minderjährigen Kindern ist die Regelung für den Notfall auch wichtig. Sonst treffen Familienrichter Entscheidungen und wissen nicht, ob diese die Eltern so befürwortet hätten. Ein Testament ist keine Frage des Alters, sondern eine der Lebensumstände.

STANDARD: Wie stehen nichteheliche Lebenspartner da?

Höllinger: Sie werden in der gesetzlichen Erbfolge nicht berücksichtigt. Da hilft es auch nicht, wenn der Mann der Frau zu Lebzeiten immer etwas versprochen hat. Das gilt auch für Kinder aus früheren Beziehungen, die ein Partner in eine neue nichteheliche Partnerschaft mitbringt und die im neuen gemeinsamen Haushalt leben.

STANDARD: Gibt es diesbezüglich schon ein Problembewusstsein?

Höllinger: Nein, noch immer nicht. Man kann 50 Jahre gemeinsam leben, am Ende steht einem unverheirateten Partner nichts zu. Das sollte man sich immer wieder vor Augen führen. So modern nichttraditionelle Gemeinschaften auch sind – das Erbrecht bezieht sich auf den traditionellen Familienverband. Alle, die draußen stehen, spielen da nicht mit. Fatal sind Fälle, wenn etwa die nicht-eheliche Lebenspartnerin in das Haus des Mannes gezogen ist und vielleicht noch Kinder aus einer Vorehe mitbringt. Verstirbt der Mann und gibt es kein Testament, kann sie im Worst Case nicht einmal im Haus wohnen bleiben.

STANDARD: Die Frau aus Ihrem Beispiel hängt dann letztlich vom Goodwill der leiblichen Kinder oder anderer Verwandtschaft ab ...

Höllinger: Das wird es keinen Goodwill geben. Beim Erben hört sich der Goodwill meist auf. Die Liebe abzusichern ist für manche altmodisch. Dabei ist das oft überlebensnotwendig. Es geht ja auch darum, Pensionsansprüche abzusichern oder die Versorgung sicherzustellen. Das Gleiche gilt für Patientenverfügungen, die für mich zur Absicherung dazugehören. Ein nicht ehelicher Lebenspartner kann im Ernstfall gar nichts entscheiden. Auch wenn der Partner immer gesagt hat, was er will.

STANDARD: Wo lauern noch Stolpersteine bei der Ordnung des persönlichen Hab und Guts?

Höllinger: Aufpassen muss man auch mit geschiedenen Ex-Partnern. Gibt es beispielsweise eine Ex-Ehefrau, für die ein Mann Unterhalt zahlen muss, geht dieser Anspruch auch auf die Pension über. Im Todesfall des Mannes würde die Pension des Mannes die Ex-Frau bekommen. Die neue nicht-eheliche Lebenspartnerin hat ohne testamentarische Regelung rechtlich gar keine Chance.

STANDARD: Gibt es darüber hinaus Punkte, die in Gemeinschaften immer wieder vergessen werden?

Höllinger: Ja. Ehefrauen sind bei Konten ihres Mannes zwar oft zeichnungsberechtigt, werden aber nicht als Mitinhaber geführt. Die Zeichnungsberechtigung erlischt mit dem Tod, und danach kann die Frau nicht mal mehr Geld abheben. Ist es das einzige Konto, stellt sich schnell die Frage, wie die nächsten Rechnungen bezahlt werden. Nur wenn beide Kontoinhaber sind, bleibt die Verfügung über den Tod hinaus bestehen. Und: Jeder, der einen Kredit unterschreibt, sollte zur Absicherung auch Inhaber des Pfandes sein.

STANDARD: Was muss bei der Testamentserstellung beachtet werden, damit dieses auch gültig ist?

Höllinger: Das Testament kann handschriftlich sein. Gültig ist es, wenn es vom Erblasser selbst handschriftlich verfasst, datiert und unterschrieben ist. Wird das Testament fremdhändig geschrieben oder maschinell erstellt, müssen neben Datum und Unterschrift des Erblassers auch drei Zeugen unterschreiben. Sonst ist es ungültig. Bei Ehepaaren ist wichtig, dass jeder ein Testament hat, weil jeder nur über seinen Anteil verfügen kann. Geht es um gemeinsame Kinder, sollten diese Punkte übereinstimmen. Im Testament können auch Freunde berücksichtigt werden, die in der gesetzlichen Erbfolge ebenfalls außen vor sind.

STANDARD: Wo sollte man es aufbewahren? Ein Testament aus der Schublade ist schnell verschwunden, wenn es nicht im Sinne der Erwartungen ist ...

Höllinger: Am besten ist es, man hinterlegt es im Testamentsregister. Dann ist für jeden Notar im Fall des Falles nachvollziehbar, dass es dieses Dokument gibt.

Susanne Höllinger (48) leitet seit Jänner 2013 die zur Raiffeisen gehörende Kathrein-Privatbank. Zuvor war Höllinger bei der Erste Bank und leitete dort das Private Banking.

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Foto: AP/Michael Probst
Foto: APN/Michael Probst

Begünstigung statt Steuerschock

Wien – Selten wurde die Debatte um Vermögenssteuern international so heftig geführt wie aktuell. Der französische Ökonom Thomas Piketty hat mit seinem Buch Kapital im 21. Jahrhundert die Speerspitze für den Ruf nach einer progressiven Abgabe auf Vermögen und Erbschaften verfasst. Internationale Institutionen stimmen in den Chor ein. Diese Woche hat die OECD, die Länder bei ihrer Wirtschaftspolitik berät, gefordert, dass Länder über progressive Vermögens- und Erbschaftssteuern nachdenken sollen, um die Ungleichheit zu reduzieren. Für Bernd Hofmann, Steuerrechtsexperte und Partner beim Beratungsunternehmen PwC, ist erwartbar, dass das Thema "immer wieder hochkochen wird". Und es schwappt in die Problematik der Unternehmensübergaben hinein, zuletzt etwa durch die Diskussion der Grunderwerbssteuer.

Durch die Hintertüre

Diese hätte bei der Übergabe von Unternehmen mit Liegenschaften zu einer Erbschaftssteuer durch die Hintertüre werden können – wenn bei der Übergabe eines Unternehmens die Grunderwerbssteuer nach dem hohen Verkehrswert der Immobilie fällig gewesen wäre. Gekommen ist es aber anders. Mit der gerade in Verhandlung befindlichen Grunderwerbsteuer kommt es zu einer weiteren Begünstigung. Die seit der Abschaffung der Steuern generöse fiskalische Behandlung von Erbschaften und Schenkungen bleibt auch für Betriebe. Zudem gilt der Freibetrag von 365.000 Euro, der bisher für unentgeltliche Unternehmensübergaben galt, künftig auch für entgeltliche Übergaben. Man kann in der Folge eine geplante Schenkung als Kauf darstellen und zahlt dann bis zur Höhe dieses Freibetrages keine Grunderwerbsteuer mehr. Voraussetzung ist, dass bei der Übertragung von Unternehmen auch Grundstücke übergeben werden. Entsprechend groß war die Freude über die Neuregelung in der Wirtschaftskammer.

Trouble steht bevor

Bei der vom Verfassungsgerichtshof erzwungenen Reform gab es auch Stimmen, die sich für das Heranziehen des Verkehrswertes bei Schenkungen und Erbschaften ausgesprochen haben. Die Arbeiterkammer hat bereits angekündigt, dass sie die Steuer wegen der Verwendung der Einheitswerte erneut vor den Verfassungsgerichtshof bringen will.

Bei den Forderungen nach Vermögenssteuern gibt es für Steuerexperten Hofmann jedenfalls eine Menge offener Fragen. Ist sie breit definiert und umfasst Unternehmensanteile, würde sie dem Finanzminister viel bringen, wäre aber politisch umstritten. Gerade bei Gesellschafter-Anteilen ergebe sich ein erheblicher Aufwand bei Bewertung und Administration einer Steuer. Eine reine Millionärsabgabe, ohne Berücksichtigung von Unternehmen, wäre hingegen "reine Symbolpolitik", sagt Hofmann. (as, sulu)

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Foto: EPA/Olivier Morin
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Die Scheu vor der Analyse ist groß

Wien – Österreich ist ein Land der klein- und mittelständischen Betriebe. Doch in rund der Hälfte dieser Unternehmen ist die Nachfolge nicht klar geregelt. Dabei ist für den Fortbestand eines kleinen Betriebs eine geordnete Übergabe oft von existentieller Bedeutung. In vielen Fällen verhindern Erbstreitigkeiten die Weiterentwicklung eines Unternehmens bzw. blockieren Streitigkeiten über die weitere Entwicklung – etwa unter Geschwistern, die durch das Erbe alle zu gleichen Teilen am Unternehmen beteiligt sind – den Unternehmenserfolg und gefährden damit den Betrieb und die Jobs.

Um ein Chaos bei der Übergabe zu vermeiden, muss der Erblasser schriftlich festhalten, wer später einmal welche Aufgaben und Bereiche übernehmen soll. Auch Angaben zur strategischen Entwicklung sollten schriftlich fixiert werden. Eine mündliche Zusage im Familien- oder Bekanntenkreis, wer sich später einmal in den Chefsessel setzen soll, reicht nicht für einen Erbantritt aus.

Grundfehler

"Der Grundfehler ist, dass eine Analyse des Ist-Bestands nicht gerne gemacht wird", sagt Friedrich Spritzey, Steuerberater und Partner bei Süd-Ost-Treuhand. Und zwar sowohl, was das Unternehmen, aber auch, was die Familie betrifft. Wie sieht die Verteilung zwischen Eigen- und Fremdkapital aus? Wie gut sind die Produkte? Besteht die Gefahr, dass mit dem Chef auch andere wichtige Manager gehen? Hat das Management über die Jahre zu viel aus dem Betrieb herausgenommen? "Oft zeigt so ein Prozess, dass es mehr Fassade gibt, als dahintersteckt", sagt Spritzey.

Die Analyse der Familie sei ebenfalls kein leichter Prozess: Wer hat die beste Ausbildung, wer kann sich gut durchsetzen, wer hat das Zeug, eine Mannschaft zu führen? Hinzu komme das Problem, dass der Senior oft noch mit 80 im Unternehmen ist und dann an seinen mittlerweile 60-jährigen Sohn übergibt, der bisher in der zweiten Reihe stand. "Die Frage ist dann oft auch, ob sich diese Person im Unternehmen noch durchsetzen kann", sagt Spritzey.

Wird das Unternehmen aber an zu junge Personen übergeben, die durch ein überraschendes Ableben des bisherigen Chefs übernehmen müssen und aus der Notwendigkeit heraus vielleicht aus dem Studium gerissen werden, führe das nicht selten zu einer Überforderung und Frust, beschreibt der Berater den Drahtseilakt, den richtigen Zeitpunkt für eine Betriebsübergabe zu finden. Ein externer Manager mache oft mehr Sinn.

Aufspaltung

Auch die Aufspaltung eines Betriebs in einen Besitz und eine Betreibergesellschaft könne helfen, Streitigkeiten bei der Übergabe zu minimieren, weil die Aufgaben auf die Hinterbliebenen klarer zugeteilt werden können.

Unternehmensanteile können auch in eine Stiftung eingebracht werden. Nicht selten treten Stiftungen als Eigentümervertreter auf. Hier ist es ebenfalls hilfreich, wenn die Stiftung ein Management hat, das im Falle des eigenen Ablebens weiß, wie mit den Anteilen zu verfahren ist.

Bei der Weitergabe eines Unternehmen dürften auch die Bedürfnisse der alten Generation nicht vergessen werden, sagt Spritzey. Die ASVG-Pension erlaube die Annehmlichkeiten des bisherigen Lebens vielleicht nicht. Eine betriebliche Rente könnte hier zusätzliche Absicherung schaffen. (Bettina Pfluger, DER STANDARD, 9.5.2014)