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Von wegen kahle Steinhaufen: Krautige Gräser und Moose sorgen für das typische Falkland-Farbenspiel.

Foto: Corbis / Patrick J. Endres

Sie wollen dieses Watscheln sehen: Antarktis-Kreuzfahrer kommen gerne wegen der Königspinguine auf die Falklandinseln.

Foto: Sven Weniger & Michael Marek

Anreise

Kürzeste Flugzeit Wien- Santiago de Chile via Paris: Air France. Nur samstags weiter mit Latam via Punta Arenas auf die Falklandinseln. Einfacher geht's mit Kreuzfahrtschiffen während der Antarktis-Saison von November bis März. Info: Das Falkland Island Tourist Board bietet Infos über Unterkünfte und Aktivitäten.

Grafik: DER STANDARD

Nein, die Lady Elizabeth grundelt hier nicht erst seit 1982. Das Schiffswrack liegt schon seit hundert Jahren in der Walknochen-Bucht. Doch die Kreuzfahrtpassagiere richten ihre Kameras auf alles, was irgendwie nach Kampf aussieht. Denn ganz ehrlich: Ohne den Falklandkrieg blieben diese Inseln im Südatlantik noch heute vom Rest der Welt unbeachtet. "Wir Falkland Islanders wissen das", sagt Gerald Cheek und kommt gerne auf das Thema zu sprechen, das alle Besucher interessiert. "Wir haben damit kein Problem. Nur Falkländer darf man uns nicht nennen!". Da ist der pensionierte Regierungsbeamte streng. "Inselbewohner der Falklands" - so, und nur so sei es korrekt, so viel Zeit müsse schon sein.

Gleich nachdem das Kreuzfahrtschiff in der Bucht von Stanley vor Anker ging, nehmen sich die Insulaner routiniert der Tagesgäste an. Am Pier steht neben Geralds Geländewagen ein knappes Dutzend weiterer Fahrzeuge. Alles wartet auf Kundschaft. "Morgen wird es noch viel voller, da kommen drei große Ocean-Liner auf einmal", erklärt er, "wir bekommen E-Mails, in denen alle Ankunftszeiten stehen, mit Schiffsnamen und Passagierzahl."

Der Alltag Stanleys, mit 2200 Seelen, einer Kirche und ein paar bunten Holzhäusern die Hauptstadt der Falklands, richtet sich mittlerweile weitgehend nach den Kreuzfahrern. Nur für sie öffnen Souvenirshops, werden Restaurants und Cafés bemannt. Ein großer Vergnügungsdampfer schwemmt leicht mehr Menschen an Land, als die Inseln Einwohner haben. Dafür lassen viele den Haushalt oder Bürojob für ein paar Stunden ruhen und machen sich auf; die einen zum Besucherzentrum am Hafen, andere gleich nach Gypsy Cove. Dort lassen sich Stoffpinguine, Falklandflaggen, bemalte Kieselsteine und Marmelade aus heimischen Diddle-Dee-Beeren gut verkaufen, direkt von der Motorhaube der Pick-ups. Die Anhöhe von Gypsy Cove bietet einen tollen Blick hinunter auf Stanley und das Wrack der Lady Elizabeth, die es 1913 nach einem Sturm mit Ach und Krach in die Hafenbucht schaffte und dann ihren Geist aufgab.

Vor Ort viel mächtiger

Was von Europa aus betrachtet so weit weg, lächerlich klein und belanglos ausschaut, ist vor Ort nicht nur viel mächtiger, sondern auch viel wichtiger. Die Inseln, die bis heute verschiedene Namen in unterschiedlichen Sprachen haben, erlitten in den gut 400 Jahren seit ihrer Entdeckung das Schicksal aller Kolonien europäischer Eroberer: Holländer, Franzosen, Spanier oder Portugiesen - jeder, der in Südamerika neue Territorien suchte, nahm den Archipel kurzerhand für sein Land in Beschlag.

Die Geschichte der Falklands, die etwa so groß wie Tirol sind, war nie eine friedliche. 778 Eilande, davon zwei große: East und West Falkland, wechselten immer wieder den Besitzer. "Wir sind die einzigen rechtmäßigen Eigentümer", sagt Gerald dennoch mit einer Bestimmtheit, die keinen Widerspruch duldet. Die Argentinier, die auch einst die Siedlermehrheit bildeten, sehen das naturgemäß anders. Seit sie 1982 die Schlacht um die Inseln verloren, verfolgen sie eine Politik der Nadelstiche. Nur einen Überflug pro Woche erlauben sie der Fluglinie Latam, die die Falklands von Santiago de Chile aus anfliegt. Versorgungsgüter kommen per Schiff aus Uruguay oder direkt aus England.

Leicht zu erreichen ist er also nicht, dieser Archipel, auf dem sich vor einem Jahr 1672 Wahlberechtigte bei drei Gegenstimmen in einem Referendum dafür aussprachen, britisch zu bleiben. Das waren 99,8 Prozent. Da wäre selbst Chinas Politbüro neidisch.

Schon seit 1978 besitzen die Falklands auch eine eigene Zeitung mit dem originellen Namen Penguin News. Auf einem flachen Holzhaus mit grasgrünem Dach prangt das Schild der Redaktion - mit Pinguin in der Mitte, schwarz gerahmt wie eine Todesanzeige. "Pinguin-Nachrichten, das war als Witz gemeint, als die Zeitung gegründet wurde", sagt Herausgeber John Fowler: "Aber es nervt, wenn die Leute immer wieder fragen, was es über Pinguine zu berichten gibt." 1350 Exemplare in der Druckqualität einer Schülerzeitung werden wöchentlich ausgeliefert - mit Schlagzeilen wie: "Eine kleine Gruppe Grindwale ist am Pleasant Roads Beach gestrandet." Ansonsten wird man in der Redaktion nicht müde, jede Schikane Argentiniens gegenüber den Falklands sofort anzuprangern. Und News aus dem Königreich - ob Gossip oder große Politik - sind eigene News. "Natürlich geht auch ein Exemplar an das argentinische Außenministerium. Dort liest man jede Woche mit großer Aufmerksamkeit unsere Nachrichten, wie man mir gesagt hat." Es ist eine mit persönlichen Grüßen versehene Kopie, für die John Fowler jedes Mal 60 Euro berechnet.

Im Osten liegt nur Chile

Wie ein unbeugsamer Feldherr steht Gerald Cheek mit wehendem Resthaar auf der Anhöhe von Gypsy Cove. Er zeigt auf den feinweißen Strand der Yorke Bay, auf dem ein Trupp Rotschnabelpinguine steht. Menschen dürfen dort nicht hin, weil die Dünen noch immer vermint sind. Dann weist er auf den Leuchtturm von Cape Pembroke, dem östlichsten Punkt des Archipels, und stellt seine Lieblingsfrage: "Wenn man von dort nach Osten reist, wo trifft man wieder auf Land?", Die Antwort wissen die wenigsten. "Chile", sagt er und grinst, "nach 13.400 Kilometern. Dazwischen ist nur Wasser. Südafrika, Australien, Neuseeland liegen alle viel weiter nördlich".

Die Falklands haben ein subantarktisches Klima. Aus der Drakestraße bei Kap Hoorn strömt ständig kaltes Wasser, stramme Westwinde beuteln das hügelige Land. In den Sommermonaten von Dezember bis März steigt das Quecksilber bis auf fünfzehn Grad, unter den Gefrierpunkt sinken die Temperaturen aber das ganze Jahr über kaum. Das ist nicht schlecht, denn nur 1100 Kilometer südlich beginnt die Antarktis. Wer mindestens eine Woche auf East oder West Falkland bleibt - kürzer geht es kaum wegen der Flugbeschränkungen - wohnt in Lodges oder kleinen Hotels. Zeit braucht man ohnehin, denn auch die Fähre zwischen den beiden Hauptinseln fährt nicht jeden Tag. Wer keinen Geländewagen hat, muss oft zu Fuß gehen.

Kreuzfahrer auf dem Weg in die Antarktis machen gerne auf den Falklands halt - vor allem wegen der Pinguine, die zwar auch noch auf dem Eis zu sehen wären, aber hier einfach besser zu beobachten sind. Sie kommen mit wendigen Schiffen, die in den engen Passagen um Saunders Island oder am Volunteer Point gut manövrieren können. Magellan-, Rotschnabel-, vor allem aber Königspinguinkolonien sind auf dieser Landzunge zu Hause. Am Südende haben sich alle in einer windgeschützten Senke versammelt und stehen eng zusammen: kleine und große, manche mit langen und manche mit kurzen Schnäbeln, solche mit weißen und solche mit schwarzen oder gelben Federn. Pinguine leben gerne in Gemeinschaft, friedlich, selbst wenn sie nicht derselben Art angehören. Man könnte auf den Falklandinseln und anderswo noch einiges von ihnen lernen. (Sven Weniger & Michael Marek, DER STANDARD, Rondo, 9.5.2014)