US-Soziologe Birnbaum: "Bush wird sich warm anziehen müssen"
Immer stärkere Kritik an "arrogantem Unilateralismus und Inkompetenz"
Redaktion
,
Washington/Berlin - US-Präsident George W. Bush habe "zu
viele Fehler" gemacht; jetzt beginne die demokratische Opposition,
davon zu profitieren, schreibt der amerikanische Soziologe,
Politologe und Historiker Norman Birnbaum in der deutschen
"tageszeitung" (taz) (Montag-Ausgabe). "Bush wird sich warm anziehen
müssen. Nicht nur in die Demokratische Partei, auch in die
amerikanische Demokratie kehrt das Leben zurück."
"Die Bürger der Vereinigten Staaten sind bemerkenswert religiös.
Dabei haben wir gerade ein weltliches Wunder erlebt: die
Wiederauferstehung der Demokratischen Partei, die eigentlich für tot
erklärt worden war". Die unmittelbaren Gründe dafür seien "die immer
offensichtlichere Katastrophe des Krieges im Irak, die unermüdliche
Oberklassenpolitik" des Präsidenten, der Verlust von über zwei
Millionen Arbeitsplätzen während seiner Präsidentschaft und die
Haushaltskrise, analysiert der emeritierte Professor für Geschichte
an der Georgetown University in Washington.
"Die endlosen Skandale in der Geschäftswelt wirken wie Wasser auf
die demokratischen Mühlen. Besonders die Gewerkschaften stehen dem
Freihandel und dem massenhaften Verlust von Arbeitsplätzen an
Billiglohnstandorte zutiefst skeptisch gegenüber. Die Kämpfer für
bürgerliche Freiheiten schließlich verabscheuen den schamlosen
Autoritarismus und die Repressionen, die mit der 'nationalen
Sicherheit' begründet werden".
Die Terroranschläge vom 11. September 2001 hätten zur
"Kapitulation der meisten unserer Politiker und der gesamten Presse
vor dem Weißen Haus und vor dessen Kriegslust, Chauvinismus und
unsinnigem nationalen Selbstmitleid" geführt. "Die Opposition war auf
der Straße und im Internet präsent - aber nicht im Capitol, von
einigen ehrenvollen Ausnahmen abgesehen. Das hat sich geändert. Im
Kongress und bei den Beamten des Außenministeriums, unter den
Kolumnisten und Experten wird die Kritik am arroganten
Unilateralismus und der schieren Inkompetenz der Bush-Gang immer
hörbarer. Die groteske Ungerechtigkeit der jüngsten Steuergesetze,
die offenkundige Begünstigung der Reichen, hat die Vorurteile der
Mittelklasse geweckt. (...) Die Schulden der Haushalte sind
gewachsen. Viele Familien stehen kurz vor der Katastrophe - und
spüren das." (APA)
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