Die größte Gefahr für die Europäische Union geht nicht mehr von den Krisenstaaten im Süden aus: also nicht von Spanien, Griechenland, Portugal. Das gefährlichste Potenzial zur Destabilisierung liegt in der Ukraine.

So hat das auch der Vizepräsident der EU-Kommission, Sim Kallas, bei der Präsentation der EU-Frühjahrsprognose formuliert (er vertritt Olli Rehn, der um ein Mandat im künftigen EU-Parlament wahlkämpft). So schnell kann es gehen. Der Schwerpunkt der Krisenpolitik hat sich in wenigen Wochen von der Wirtschaft bzw. der Währungspolitik ganz auf Außen- und Außenwirtschaftspolitik verlagert.

Vor ein, zwei Jahren glaubten viele, die Union werde zerbrechen, der Euro an Schuldenstaaten wie Griechenland oder Portugal scheitern. Das ist vorläufig kein Thema mehr. In Griechenland scheint (freilich bei absurd hoher Arbeitslosigkeit) zumindest eine Trendwende im Wachstum erreicht. Portugal aber hat bewiesen, dass gemeinsame Anstrengungen zur Stabilisierung in der EU vernünftig sind.

Das Land kann sich wieder selber finanzieren. Der Wiederaufstieg wird für die Portugiesen mühsam. Aber die Gemeinschaft hat bewiesen, dass einzelne nicht abstürzen, wenn sie zusammenhält. Ob sie das im Fall der Ukraine schafft, ist fraglich. Sie ist kein EU-Mitglied, aber ein Bürgerkrieg in der Ukraine, eventuell eine harte Konfrontation mit Russland mittels Sanktionen, hätten indirekt gewaltige Auswirkungen auf die EU. Wo ist das Notprogramm? (Thomas Mayer, DER STANDARD, 6.5.2014)