Wien - Die bisherige Vorsitzende des ORF-Stiftungsrats verlässt den "Freundeskreis" der SPÖ im obersten ORF-Gremium: Das teilte Brigitte Kulovits-Rupp nach STANDARD-Infos den übrigen Stiftungsräten mit. Begründung: Dietmar Hoscher, Casinos-Austria-Vorstand und auf einem SP-Parteimandat im Stiftungsrat, wurde den roten Räten wie berichtet vorigen Dienstag als "nicht diskutierbare" Vorgabe für den Stiftungsratsvorsitz präsentiert.

"Mit großem Bedauern" habe sie feststellen müssen, dass sich die "mir nahestehende Gruppe im Stiftungsrat" bei der ersten Entscheidung des neuen Stiftungsrats - dessen Vorsitz - "vom bewährten Prinzip der Meinungsfindung entfernt hat", schreibt Kulovits-Rupp den Stiftungsräten: "Dass in der Frage der Kandidatur für den Vorsitz eine 'nicht diskutierbare' Vorgabe präsentiert wurde, hat mir ein solidarisches Mittragen unmöglich gemacht." Sie lege Wert darauf, künftig keinem Freundeskreis mehr zugerechnet zu werden. Als "Freundeskreis" werden die parteipolitischen Fraktionen im Stiftungsrat genannt, die der gesetzlichen Pflicht zur Unabhängigkeit der Stiftungsräte entgegenstehen und deshalb nicht als solche bezeichnet werden.

Im neuen Stiftungsrat kommen die Freundeskreise der SPÖ und der ÖVP mit dem Abschied von Kulovits-Rupp auf je 13 der 35 Mitgliedern.

"Über alle politischen Grenzen hinweg"

Kulovits-Rupp zieht in dem Schreiben an die Kolleginnen und Kollegen im Stiftungsrat Bilanz über ihre vier Jahre als Vorsitzende des wichtigsten ORF-Gremiums: Dem Stiftungsrat sei es in dieser Zeit gelungen, "über alle politischen Grenzen hinweg wesentliche Entscheidungen im Interesse und zum Wohle dieses für Österreich so wichtigen Unternehmens zu treffen. Der ORF steht heute besser da als vor vier Jahren und viele wichtige Weichenstellungen für die Zukunft konnten sachgerecht und mit breiten Mehrheiten getroffen werden. Den zahlreichen Beschlüssen ist dabei stets ein intensiver Diskussionsprozess der Stiftungsräte untereinander und gerade auch im Plenum des Stiftungsrates vorausgegangen. In konstruktiver und sachbezogener Diskussion konnten so – trotz kontroverser Ausgangspositionen – konsensuale Lösungen gefunden werden."

Kulovits-Rupp ist vom Land Burgenland in den Stiftungsrat entsandt. Sie wolle sich im Stiftungsrat "in erster Linie Programmfragen und den Landesstudios widmen, und dabei allen politischen Überlegungen, die eine Schwächung der Landesstudios zur Folge hätten, entschieden entgegentreten". (red, derStandard.at, 5.5.2014)