Steuermänner Michael Spindelegger und Werner Faymann.

Foto: Cremer

Wien - "Jetzt nicht." Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl (ÖVP) stärkt seinem Parteichef, Vizekanzler und Finanzminister Michael Spindelegger, in der Steuerreform-Frage den Rücken. Im STANDARD-Gespräch weist auch Leitl das Drängen aus der SPÖ nach einer Steuerreform 2015 klar zurück, schon gar nicht nach dem erst für die nächsten zwei Jahre beschlossenen Budget: "Man kann erst dann etwas entlasten, wenn man es vorher verdient hat." Seine Zusatzforderung allerdings ist eine doppelte: "Keine neuen Steuern, stattdessen Erarbeiten in der Bürokratie", und zwar so schnell wie möglich durch Reformen. Da könnten 1,5 Milliarden Euro pro Jahr geholt werden, in drei Jahren - am Ende der Legislaturperiode - hätte man dann "ein Volumen für eine Steuerentlastung, das wir dringend brauchen", sagt der oberste Wirtschaftsvertreter: "Wer vorher etwas verspricht, ist ein Scharlatan oder Steuerräuber."

Lachende Millionäre

Roten "Millionärssteuern" zur Finanzierung einer Arbeitnehmerentlastung erteilt Leitl eine klare Absage: "Ein Unsinn, weil Etikettenschwindel. Die paar Millionäre würden uns was lachen - und es würde dann eine Mittelstandssteuer sein, um genug Geld zu holen, wenn sie wirklich Arbeitnehmer entlasten sollte."

Spindelegger hat bereits in der Budgetrede, aber auch am Wochenende in mehreren Medien betont, dass vor einer Steuerreform der Schuldenberg abgetragen und finanziell Spielraum geschaffen werden müsse. Er hätte gern eine Senkung des Eingangssteuersatzes (derzeit 36,5 Prozent ab 11.000 Euro), eine Entlastung der Familien mittels Freibetrags und Änderungen bei den Lohnnebenkosten.

"Wenn wir mit einer Steuerreform warten, bis wir keinen Schuldenberg mehr haben, wäre das absurd, denn das kann Jahrzehnte dauern", scherzt der SPÖ-Abgeordnete Kai Jan Krainer im Gespräch mit dem STANDARD. Als Finanzsprecher der SPÖ gibt er Spindelegger zwar in einem Punkt recht: dass sich eine Reform des gesamten Einkommenssteuerrechts - Ende der 1980er beschlossen, seither oft novelliert - 2015 wohl nicht ausgeht. Aber: "Uns geht es ohnehin nicht um eine absolute Entlastung aller, sondern um eine gerechte Verteilung der Steuern - von den Arbeitnehmern hin zu Kapital und Vermögen, und das bedeutet auch keine Belastung fürs Budget."

Dass man sich dafür erst einen finanziellen Spielraum erarbeiten müsse, sei "Blödsinn", meint Krainer, weil es um eine Umverteilung der Steuerlast gehe - "und das kann man jeden Tag angehen" und damit schon 2015 machen. Dabei sollten nach seiner Vorstellung bestehende Vermögenssteuern erhöht werden und neue eingeführt werden, beispielsweise die Millionärsabgabe. Jenes Geld wiederum, das der Finanzminister aus der kalten Progression lukriere, solle bei einer Reform ausschließlich den Arbeitnehmern zugutekommen und nicht dafür verwendet werden, etwa die Lohnnebenkosten für Unternehmer zu senken.

Ähnlich ÖGB-Präsident Erich Foglar zum STANDARD: "Das meiste, das man bis jetzt von der ÖVP zur Steuerreform gehört hat, ist reine Ideologie und Klientelpolitik." Er plädiert dafür, dass bis Ende 2014 diskutiert wird, wie der große Wurf aussehen könnte, damit die Koalition dann bis 2017 - eventuell in Etappen - beginnen könne, die Arbeitnehmer zu entlasten. "Die Senkung des Einkommenssteuersatzes passt zwar, aber das allein ist zu wenig", sagt Foglar. Ihn wie Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) ärgert, dass Spindelegger just Arbeitnehmern "mit den härtesten Bedingungen" die steuerlichen Begünstigungen für ihre Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen streichen will, um dem "Wildwuchs" an Steuerausnahmen beizukommen. Stattdessen lehnt Foglar den jüngsten Kompromiss der Regierung zur Grunderwerbssteuer ab: "Hier hätten wir den sogenannten finanziellen Spielraum für eine Steuerreform schaffen können. Das war ein großes Versäumnis."

Für die Industriellenvereinigung (IV) bringt Generalsekretär Christoph Neumayer das Steuerreformproblem "bedauernd" so auf den Punkt: "Die Bundesregierung hat sich entschieden, keine strukturellen Reformen anzugehen, sodass keine Steuerreform finanzierbar ist. Wir haben ein Ausgabenproblem, kein Einnahmenproblem." Wer das löse, könne steuerlich entlasten. (nim, nw, DER STANDARD, 5.5.2014)