Der Direktor für Digitalstrategie des "Guardian", Wolfgang Blau, nutze seinen Auftritt als einer der Hauptredner beim Journalistenfestival in Perugia, um auf ein Manko hinzuweisen: "Es gibt kein paneuropäisches Medium." Dies sei angesichts einer gemeinsamen Identität und eines Kulturraums, in dem rund 500 Millionen Menschen leben, erstaunlich. Zumal Medienunternehmen aus Nordamerika sich sehr wohl um Leser aus Europa bemühten: Er nannte "Buzzfeed", "Huffington Post", "Vice" und die "New York Times".

Von den 25 weltweit führenden Onlinemedien kommen elf aus den USA, elf aus China und drei aus Großbritannien. Am ehesten würden noch Medien wie der Economist dem Anspruch eines internationalen Mediums entsprechen, aber auch dieses Magazin sei "typisch britisch".

Folge der auf Nationalstaaten ausgerichteten Medien: Innenpolitik dominiere die Berichterstattung. Blau sieht auch einen paneuropäischen Anzeigenmarkt, um ein solches Projekt zu finanzieren. Kein traditionelles Medienunternehmen dürfte den Versuch wagen, vermutet Blau. Auch der Guardian werde sich "nicht in dieses Feld bewegen". Aber dies sei eine Chance für ein Digital-Projekt.

Reisender Newsroom

Blau, der auch einige Zeit im Silicon Valley gearbeitet hat, bevor er unter anderem Chefredakteur von "Zeit online" wurde, beschrieb noch ein anderes Projekt, das er in seiner Phantasie verfolge: einen reisenden Newsroom, der einmal Station in Athen mache, ein halbes Jahr später an einem anderen Ort. Dort sollten Journalisten aus verschiedenen Kutur- und Sprachräumen arbeiten: "Die Newsrooms jetzt sind ethnisch stärker unterteilt als der Rest des Landes." (Alexandra Föderl-Schmid aus Perugia, DER STANDARD, 3./4.5.2014)