Leder, Holz, Velours, 265 PS und 620 Newtonmeter - bei einem Normverbrauch von unter sechs Litern: Das steht auf der Visitenkarte des S 350 BlueTec 4Matic

Wenn es seit ein paar Wochen heißt, dass die neue C-Klasse von Mercedes-Benz die kompakte S-Klasse sei, dann stimmt das schon. Zumindest wenn man die S-Klasse nicht kennt. Denn um das, was die C-Klasse nobler geworden ist, hat auch die S-Klasse zugelegt und dringt nun in Sphären eines gediegenen Wohlstands vor, wie es unsereins nicht einmal in den eigenen vier Wänden kennt.

Foto: der standard/gluschitsch

Wenn wir uns an Großmutter halten würden und damit besser wohnen müssten, als wir fahren, dann könnten Touristen meine Unterhosen während der Testtage durch ein Fenster des Schlosses Schönbrunn beim Trocknen ablichten. Ohne Spaß!

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Außen spielt die S-Klasse mit Understatement, versucht nicht zu protzen, aber mit 5,12 Meter Länge schon in der Kurzversion gelingt ihr das zwischen Ka, Corsa und Co kaum. Trotzdem ist die Außenansicht im Vergleich zum Innenleben zurückhaltend.

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Das Cockpit des Testwagens, des S 350 BlueTec 4Matic, beeindruckt mit gelochtem Leder und viel Holz, all das nicht nur perfekt verarbeitet, sondern auch stilvoll designt.

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So viel Prunk hat seine Vor- und Nachteile. Frau Gabriele traut sich etwa ihre Füße nicht auf die beigen Velours-Fußmatten abzustellen und überlegt minutenlang, ob sie sich nicht sicherheitshalber die Schuhe ausziehen soll.

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Erst als die Massagefunktion im Beifahrersitz ihre Arbeit beginnt und die Bauchmuskeln von der Entscheidungsfindung schmerzen, löst sich das Problem von allein. Sie ist mucksmäuschenstill - seit sich beim Anwerfen des fast drei Liter großen V6-Diesel der Gurt selbst festgezogen hat. Das beeindruckt sie maßlos. Sie - sagen wir stoffsparend, aber S-Klasse-entsprechend gekleidet - fröstelt ein wenig.

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Als sie merkt, dass sich nicht nur ihr Massagesitz, sondern auch die Mittelarmlehne und jene in der Tür erwärmen, droht sie an, nie wieder auszusteigen. Nur ab und zu dreht sie sich nach hinten, überlegend, ob es dort nicht noch komfortabler wäre.

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Hinter dem Volant ist einem all das egal. Kaum hat man die Tür geschlossen, ändern sich bekannte Bezugssysteme. Raum und Zeit verlieren sich in sich selbst. Es reicht, zu wissen, dass bei Bedarf 258 Pferde mit dem Hafer von 620 Newtonmetern zu Werke gehen. Sie beschleunigen den Allrad-Stern in unter sieben Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h.

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Gelochte Scheiben vorne bauen die Geschwindigkeit wieder ab - und verrichten ihre Arbeit, die ihnen über zwei Tonnen Luxus aufgeben, völlig unspektakulär. Vor der S-Klasse resigniert anscheinend selbst die Physik, nicht nur was die Federung auf schlechten Straßen angeht.

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Und den Lustigen sei angemerkt, ja, es gibt ihn mit Anhängerkupplung. Die kostet extra, was aber nicht ins Gewicht fällt. (Guido Gluschitsch, DER STANDARD, 2.5.2014)

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Mercedes-Benz

Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Teilnahme an internationalen Fahrzeug- und Technikpräsentationen erfolgt großteils auf Basis von Einladungen seitens der Automobilimporteure oder Hersteller. Diese stellen auch die hier zur Besprechung kommenden Testfahrzeuge zur Verfügung.

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