Patienten mit akuten Anzeichen eines Aortenschadens sollten möglichst früh mit einer per Katheter, also ohne große Operation, mit einer Gefäßstütze versorgt werden. Das reduziert die Mortalität erheblich, so Gefäßchirurg Afshin Assadian vom Wiener Wilhelminenspital und wissenschaftlicher Sprecher des Gefäßforums Österreich.

Zerfaserungen im Gewebe

Es geht dabei um akut auftretende Zerfaserungen der Wand der Körperhauptschlagader (Aorta) im Bereich der Brust. Das Krankheitsbild ist anders als jenes von klassischen Aortenaneurysmen (Aussackungen), die sich zumeist langsam ausbilden und relativ gut unter Kontrolle gehalten werden können.

"Durch diese Zerfaserung der Aortenwand wird die Konsistenz ähnlich einem nassen Toilettenpapier. Dadurch kann es zu einer Aneurysmabildung bis hin zum lebensgefährlichen Platzen des Gefäßes kommen, auch Durchblutungsstörungen wichtiger Organe wie Leber, Darm, Nieren oder Beine, können auftreten", sagt Assadian.

Die Wissenschafter sprechen in diesem Zusammenhang von eine "Aortendissektion Typ B". In der Vergangenheit versuchte man solchen akuten Erkrankungen per offener Chirurgie Herr zu werden. "Das bedeutete aber eine Krankenhaussterblichkeit von bis zu 80 Prozent. Man ist daher von der Operation eher wieder abgekommen", so der Experte. Oft handelt es sich bei den Patienten auch um Mehrfach-Kranke. 

Neue Therapie-Ansätze

Große Eingriffe, auch mit Einsatz von Herz-Lungen-Maschine, bilden ein erhebliches Risiko. Medikamentös lässt sich die Krankheit bisher nicht sehr erfolgreich behandeln. Es gibt aber dabei möglicherweise durchaus positive Ansätze mit dem Angiotensin-Rezeptor-Blocker Losartan, der ehemals für die Hypertoniebehandlung entwickelt worden ist.

Völlig neue Möglichkeiten tun sich mit der Weiterentwicklung der "Stents" auf. Diese Kunststoff-Gefäßstützen werden über eine Arterie per Katheter an den Einsatzort geschoben und aufgeklappt. Sie sind dann quasi die neue Innenwand der Aorta.

Die akute Stentversorgung bei solchen Typ B Aortendissektionen hat laut den vorhandenen Studien keine erhöhte Sterblichkeit rund um den Eingriff als eine maximale medikamentöse Therapie. Über fünf Jahre hinweg kam es zu einer fast um 50 Prozent geringeren Sterblichkeit. Für geeignete Patienten sollte man also eine solche Behandlung in Betracht ziehen, so Assadian.

Ein großes Problem ist weiterhin die viel zu seltene Diagnose solcher Erkrankungen. "Akute Aortensyndrome sind in Österreich noch immer unterdiagnostiziert. Die Dunkelziffer bei Betroffenen ist sehr hoch", sagt Assadian. Schätzungsweise treten zwischen 80 und 560 Fälle pro Jahr auf - Schon diese Bandbreite spricht für weitgehende Ungenauigkeit der vorhandenen Daten. (APA, derStandard.at, 30.4.2014)