Ein großer Unterschied zwischen Karenzvätern und Karenzmüttern besteht in der öffentlichen Wahrnehmung.

Foto: Lukas Beck, Quintessenz Organisationsberatung GmbH

Als "Helden des Alltags", so die Soziologin Gerlinde Mauerer, werden Männer in Elternkarenz gesehen. Sie hat 22 Männer in sogenannten Leitfadeninterviews zu ihrem Alltag mit ihren Kindern befragt. Es handelt sich um eine qualitative Studie: "Es gibt ja viele Zahlen, wie viele Männer in Karenz gehen. Meine Frage war: Was tun sie konkret in der Praxis? Wie lässt sich der Wunsch, egalitär zu sein, in der Praxis umsetzen?", erklärt sie den Ansatz ihrer Studie, die von der MA 7 unterstützt wurde.

Die Interviewpartner sind zwischen 30 und 47 Jahre alt und verfügen über einen hohen Bildungsstand. Rund die Hälfte der Befragten war zum Zeitpunkt des Bezuges von Kinderbetreuungsgeld in Teilzeitprojekten beschäftigt. "Es hat sich gezeigt, dass Männer sich nicht aus einer Stunde null heraus aus tradierten Rollen lösen können", so Mauerer. Es zeigte sich, dass kürzere Karenzzeiten (zwei bis vier Monate) ebenfalls genderpolitisch wirksam sind, wenn auch in ihrer Tragweite geringer. Mit anderen Worten: Je länger Männer in Karenz sind, desto mehr Verständnis entwickeln sie für die Arbeit der Frauen mit den Kindern.

Acht-Stunden-Modell im Kopf

"Ich habe die Männer nach einem normalen Tag mit den Kindern befragt", erzählt Mauerer. "Auffallend ist, dass diese dabei oft ein Acht-Stunden-Modell im Kopf haben, dabei dauert ein Tag mit Kindern eben 24 Stunden." Käme die Frau von ihrer Erwerbsarbeit nach sechs bis acht Stunden nach Hause, hätten die Karenzväter durchwegs das Gefühl, ihren Teil schon geleistet zu haben.

Ein großer Unterschied zwischen Karenzvätern und Karenzmüttern bestehe in der öffentlichen Wahrnehmung. Selbst wenn diese das Gleiche mit den Kindern unternähmen, zum Beispiel einkaufen gehen, werde dies unterschiedlich wahrgenommen. "Ich bringe da immer gern das Wurstbeispiel: Geht das Kind mit dem Papa einkaufen, bekommt es an der Wursttheke eine Scheibe geschenkt. Geht das Kind mit der Mama ins gleiche Geschäft, erkennt es die Wurstverkäuferin nicht einmal wieder, und Mama kauft die Wurst, ohne dass das Kind eine Kostprobe bekommt", erzählt Mauerer. Fazit für die Soziologin: "Kinderbetreuung ist in Österreich nur pseudoanerkannt."

"Verweiblichung ihrer Erwerbsbiografie"

"Ein Karenzvater hat zum Beispiel berichtet, dass vor seiner Karenz in seiner Firma extra eine Abschiedsfeier für ihn ausgerichtet wurde. Für die Kolleginnen sei das nicht üblich", so Mauerer. Sie wolle das nicht bewerten, nur feststellen. Männer in Karenz hätten in Österreich in der allgemeinen Wahrnehmung noch immer einen Sonderstatus. Die Männer selbst berichten hingegen von einer anderen Selbstwahrnehmung. So schilderte einer seine Gedanken auf dem Spielplatz folgendermaßen: "Denken die anderen: Der hat wohl keine Arbeit?"

Zeit mit den Kindern zu verbringen werde von den Männern selbst noch mit "Flucht vor der Arbeit" assoziiert. Auch wenn sie selbst das nicht glaubten, fürchteten sie, dass es andere von ihnen glauben könnten. Die meisten der befragten Männer gingen nur einmal in Karenz. Als Gründe dafür werden genannt: "wirtschaftlich im Betrieb nicht möglich"; "Gefahr des Arbeitsplatzverlustes". Männer haben also, so formuliert es Mauerer, mit einer "Verweiblichung ihrer Erwerbsbiografie" zu rechnen, wenn sie in Karenz gehen. Dies inkludiere Karrierenachteile. Genannt wurde zum Beispiel: "noch ausständige Wiedereinsetzung in eine Leitungsfunktion".

Die befragten Männer, so könne man zusammenfassend sagen, genießen die Zeit mit ihren Kindern ("eine paradiesische Zeit"), nehmen öfters und gern die Hilfe von Dritten (Großeltern, Au-pair) in Anspruch, tun sich am Anfang mit dem Kochen schwer ("Reisfleisch Weltklasse!") und überlassen organisatorische Dinge, wie Kleidung und Fahrräder in der richtigen Größe zu besorgen, gerne auch in Elternkarenz ihren Frauen.

Wirklich in der Karenz angekommen

"Auffallend ist", so Mauerer, "dass ein Großteil der befragten Männer nach der Karenz à la longue eine Erwerbstätigkeit von maximal 30 Stunden anstrebt". Bei den Männern überwiege die Meinung, dass sich Vollzeitarbeit und Familienarbeit bei einem Anstellungsverhältnis von 40 Stunden und mehr nicht vereinbaren ließen. Die Entscheidung der Männer, überhaupt in Karenz zu gehen, "steht und fällt nach wie vor mit dem Einkommen", so Mauerer. Das einkommensabhängige Kindergeld sei mehrfach als "gelungener Anreiz" für den Karenzantritt genannt worden.

Auf die Frage nach ihrem "idealen Tag" sei von Männern in Karenz teilweise die Gegenfrage gekommen: "Mit oder ohne Kinder?" Ein Mann habe geantwortet: "Ein idealer Tag ist, wenn sich bei unserem Ausflug das kleinere Kind nicht schon angegackt hat, bevor das andere Hunger bekommt." "Wenn einer so etwas sagt, dann weiß ich: Der ist wirklich in der Karenz angekommen", so Mauerer. (Tanja Paar, dieStandard.at, 29.4.2014)