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Das AKW Temelín wird nicht ausgebaut: Ohne staatliche Finanzgarantien wäre der Bau und Betrieb der Blöcke 3 und 4 nicht wirtschaftlich.

Foto: Reuters/David W Cerny

Prag - Weltweit wird immer weniger Energie mit Atomkraftwerken generiert - vor allem weil immer mehr Atommeiler heruntergefahren werden. Allein 2012 ist die produzierte Atomstrommenge im Vergleich zum Vorjahr um sieben Prozent zurückgegangen. Bereits 2011 war im Vorjahresvergleich weltweit vier Prozent weniger Atomstrom produziert worden (DER STANDARD berichtete).

Vor diesem Hintergrund luden tschechische NGOs am Dienstag in Prag zur "Nuclear Energy Conference". Vor allem galt es bei dem internationalen Treffen wirtschaftliche Grenzen der Kernenergie aufzuzeigen. Nicht Aktionismus - allein der Rechenstift soll für strahlende Gesichter unter den Atomkraftgegnern sorgen.

Keine staatlichen Finanzgarantien

Genährt wird die Hoffnung auf einen Energieschwenk aus Wirtschaftsgründen insbesondere in Tschechien durch das aktuelle Auf-Eis-Liegen des Ausbaus von Temelín. Anfang April hatte das tschechische Energieunternehmen CEZ das Aus des seit 2009 laufenden Ausschreibungsverfahrens für den Bau der Temelín-Blöcke 3 und 4 verkündet. Nur einen Tag nachdem die Regierung in Prag kundtat, keine staatlichen Finanzgarantien für den Bau zu geben.

Der tschechische Energieexperte Jan Ondrich ist überzeugt, dass in Tschechien künftig überhaupt keine neuen Reaktoren mehr gebaut werden: "Investitionen in große, nicht flexible Energiequellen haben heute keinen Sinn mehr. Das gilt vor allem für die Kernkraftwerke, die bis zu viermal höhere Investitionskosten pro Leistungseinheit haben als etwa Kohlequellen."

Bessere Vernetzung

Mit der Absage an den Atomstrom drängt sich die Frage der Alternativenergie für Tschechien auf. Hier plädiert Ondrich für eine bessere Vernetzung - vor allem zum deutschen Nachbarn: "Wir brauchen den Anschluss an die deutsche Energiewende."

Claudia Kemfert, Professorin für Energie-Ökonomie und Nachhaltigkeit an der privaten Universität Hertie School of Governance in Berlin, sieht die Energiewende in Deutschland - trotz scharfer Kritik - auf Schiene, räumt aber ein "Imageproblem" ein: "Ihr werden Mythen angedichtet, die nicht stimmen. Wir haben in Deutschland eine Überproduktion, eine AKW-Laufzeitverlängerung wird nicht kommen."

Anschober: "Ein Etappensieg"

Österreich war bei der Konferenz durch Oberösterreichs Umweltlandesrat Rudi Anschober vertreten. Anschober plädiert, mit dem "Etappensieg gegen Temelín" im Rücken, dafür, das Engagement für ein Aus der Atomenergie in Europa zu verstärken: "Die Unwirtschaftlichkeit der Atomenergie und die exorbitanten Auswirkungen auf Steuerzahler und Stromkunden können von niemandem mehr geleugnet werden."

Das Ende der Atomkraft zumindest in Europa getraut man sich aber auch auf der Konferenz in Prag nicht einzuläuten. "Das wäre der Blick in die Kristallkugel. Aber der Trend, den wir nun seit 25 Jahren beobachten, wird weiter nach unten gehen. Es ist nur eine Frage der Zeit. Das ist der Schlüssel. Der Zeitfaktor wird der Killer für die Atomenergie. Für 34 Kraftwerke, die in den letzten Jahren gebaut wurden, war die durchschnittliche Bauzeit etwa zehn Jahre. Der Rekord bei Photovoltaik liegt in Deutschland bei 3000 Megawatt, die in einem Monat ans Netz gebracht wurden", betont Energie- und Atompolitikberater Mycle Schneider im Standard-Gespräch. (Markus Rohrhofer aus Prag, DER STANDARD, 30.4.2014)