Paris - Es ist die zweite Bewährungsprobe für Frankreichs neuen Premierminister Manuel Valls in weniger als einem Monat: Drei Wochen nach dem Vertrauensvotum für den frisch ernannten Regierungschef stimmt die Nationalversammlung am Dienstag über den umstrittenen 50-Milliarden-Sparplan ab, mit dem die sozialistische Regierung die EU-Defizitvorgaben wieder einhalten will.

Auch wenn die Abstimmung im Parlament nicht bindend ist - alles andere als eine klare eigene Mehrheit wäre eine schwere Schlappe für Valls und Staatschef Francois Hollande. Zahlreiche sozialistische Abgeordnete rebellieren aber gegen die Kürzungen.

In der Regierungspartei ist allen klar, wie wichtig das Parlamentsvotum ist: "Das ist eine Abstimmung der Bestätigung des Vertrauensvotums vom 8. April", sagte Fraktionssprecher Thierry Mandon. Bei der Vertrauensabstimmung hatten sich bereits elf Sozialisten enthalten. Bei der Abstimmung am Dienstag wird mit noch mehr Enthaltungen gerechnet.

Drei Parlamentarier des linken Flügels der Regierungspartei haben bereits angekündigt, nicht für das Stabilitätsprogramm stimmen zu wollen, das 50 Milliarden Euro Einsparungen für die Jahre 2015 bis 2017 vorsieht. Aber auch bei Abgeordneten, die zum Kreis der Vertrauten Hollandes und damit zur Parteimitte zählen, gibt es Widerstand. Sozial unausgewogen und eine Gefahr für das ohnehin schwache Wirtschaftswachstum, so lautet das Urteil der Kritiker über die Einschnitte.

Unter anderem sollen Pensionen, zahlreiche Sozialleistungen und die Gehälter der rund fünf Millionen französischen Beamten eingefroren werden. "Dafür bin ich nicht gewählt worden!", grollte vergangene Woche eine sozialistische Abgeordnete. Höchstens 35 Milliarden Euro Einsparungen wollen viele Sozialisten mittragen.

Die Regierung aber hält an den 50 Milliarden Euro fest. Denn nur so kann Frankreich sein Defizit von 4,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im vergangenen Jahr bis 2015 wieder auf den EU-Höchstwert von drei Prozent und in den folgenden Jahren noch weiter senken. Zudem sollen die Einsparungen Milliarden-Entlastungen für die Wirtschaft ermöglichen, die im Gegenzug neue Jobs schaffen soll.

In den vergangenen Tagen unternahm die Spitze der Sozialisten daher alles, um die Abgeordneten auf Linie zu bringen: "Man muss eine Revolte auch wieder einstellen können", mahnte Parteichef Jean-Christophe Cambadelis am Sonntag. Fraktionschef Bruno Le Roux drohte Abweichlern mit "Konsequenzen".

Die Regierung setzt aber auch auf Zugeständnisse an die Abgeordneten, um dem Stabilitätsprogramm zu einer satten Mehrheit zu verhelfen: Premier Valls kündigte am Montag an, dass Pensionen unter 1.200 Euro vom Einfrieren ausgenommen werden. Auch soll ein "Armutsplan", der untere anderem eine Erhöhung der sozialen Mindestsicherung vorsieht, doch nicht um ein Jahr verschoben, sondern wie ursprünglich geplant ab 1. September umgesetzt werden. Am Dienstagvormittag wird Valls, der dem rechten Parteiflügel angehört, die Sparmaßnahmen persönlich vor den Abgeordneten seiner Partei verteidigen.

Am Umfang der Einsparungen insgesamt werde dies nichts ändern, beteuerte das Umfeld des Premiers. "Es bleibt bei den 50 Milliarden." Alles andere dürfte bei der EU-Kommission in Brüssel auch auf wenig Verständnis stoßen - und die wird das mehrjährige Stabilitätsprogramm nach der Abstimmung am Dienstag sehr genau unter die Lupe nehmen. (APA, 28.4.2014)