Seine strategische Ausrichtung stellte sich Serbien so vor: Mitglied der EU, Sonderbeziehungen mit der Russischen Föderation, militärische Neutralität. Brüssel hatte daran nichts auszusetzen, ebenso wenig Moskau. Nur wenn es um die Mitgliedschaft Serbiens in der Nato ging, waren russische Diplomaten explizit: Kommt nicht infrage! Die Europäer konnten damit leben.

Nun aber sitzt Serbien, wieder einmal, zwischen zwei Stühlen. Man erkenne die territoriale Integrität der Ukraine an, wolle sich aber unter gar keinen Umständen irgendwelchen Sanktionen gegen Russland anschließen - das war bisher die Haltung Belgrads. Doch wenn sich die Fronten um die Ukraine weiter verhärten, werden wohl oder übel beide Seiten von Belgrad fordern, Stellung zu beziehen: Brüssel, weil ein Beitrittskandidat seine Außen- und Sicherheitspolitik in Einklang mit der EU bringen muss. Moskau, weil Serbien vom russischen Gas abhängig ist, die Gasprom eine Monopolposition in Serbien hat, die Russen auch bei der Bildung der neuen Regierung mitmischten und weil Wladimir Putin politischen "Verrat" nicht duldet.

Dabei schlägt das Herz vieler Serben ohnedies für Putin. Nicht zuletzt wegen des Kosovos und der Nato-Luftangriffe vor 15 Jahren. Belgrad wird versuchen, auf beiden Seiten um Verständnis für seine Lage zu werben. Wenn überhaupt, kann das nur in Brüssel gelingen. Moskau ist dagegen nicht bekannt für seine Barmherzigkeit. (DER STANDARD, 28.4.2014)