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Hatte am Ende nur mehr zwei Blutstammzellen: Hendrikje van Andel-Schipper.

Foto: Reuters/Karel Zwaneveld

Amsterdam - Ehe Hendrikje van Andel-Schipper am 30. August 2005 starb, galt sie als die älteste Frau der Welt. Doch auch noch nach ihrem Ableben sorgte die Niederländerin für einen Rekord: Kein Genom, das je vollständig entziffert worden ist, stammte von einer älteren Person als das ihre.

Die im Jahr 1890 geborene van Andel-Schipper war ein echter Glücksfall für die Altersforschung. Denn die Frau, bis zum Schluss übrigens ein großer Fan des Fußballklubs Ajax Amsterdam, vermachte ihren Körper der Wissenschaft. Und sie zeigte bis zum Ende kaum Einbußen in ihren geistigen Fähigkeiten.

Kürzlich haben Forscher um Henne Holstege von Medizinzentrum der Universität Amsterdam das Blut ihrer verstorbenen Landsfrau mit neuen Methoden untersucht, insbesondere die Ansammlung von Mutationen analysiert - und dabei eine überraschende Entdeckung gemacht: Wie sie im Fachblatt "Genome Research" berichten, dürften sich zum Schluss zwei Drittel aller Blutzellen der rüstigen Niederländerin aus nur zwei Stammzellen gebildet haben. Sämtliche anderen blutbildenden Stammzellen waren abgestorben.

"Wir werden mit schätzungsweise 20.000 Blutstammzellen geboren, etwa 1000 sind gleichzeitig aktiv, um Blutzellen zu ersetzen", erklärt Holstege. Doch im Laufe des Lebens sterben die Stammzellen nach und nach ab. Und das setzt unserem Altern wohl eine natürliche Grenze.

Dazu kommt, dass sich die sogenannten Telomere, also die DNA-Schutzkappen der aktiven Zellen, bei jeder Teilung verkürzen. Im Fall von van Andel-Schipper waren die Telomere der Blutzellen rund 17-mal kürzer als etwa bei ihren Hirnzellen, die sich kaum teilen. Die Rekord-Seniorin dürfte also über ein hervorragendes System verfügt haben, beschädigte Zellen zu entsorgen, ohne dass sie sich weiter vermehren konnten, vermutet Holstege.

Die Genforscherin hat aufgrund dieser Erkenntnisse Ideen, wie man zumindest Blutzellen im späteren Alter verjüngen kann: "Würde ich mir jetzt Stammzellen entnehmen und sie mir injizieren, wenn ich älter bin, wären meine Telomere dann wieder länger." Mit anderen Gewebszellen dürfte der Trick allerdings nicht funktionieren.

Für die nächste Zukunft hat Holstege noch andere Pläne: Sie hofft, im Genom von van Andel-Schipper Hinweise darauf zu finden, welche genetischen Besonderheiten die Niederländerin vor Alzheimer schützten. (tasch, DER STANDARD, 26.4.2014)