Bei Lempertz gelangt am 17. Mai eine kleine Auswahl aus dem Nachlass Reinhold Hofstätters zur Auktion, darunter eine als "Kredenz" bezeichnete Tazza (17. Jhd.) ...

Foto: Lempertz

 ... oder die von Experten in Antwerpen als Werk Jordaens identifizierte "Allegorie der Wissenschaft", die zumindest 300.000 Euro bringen soll.

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Im September vergangenen Jahres verstarb Reinhold Hofstätter von der Öffentlichkeit und dem lokalen Kunstmarktbrimborium beinahe so unbemerkt, wie er zuletzt seine Geschäfte betrieb. Nachrufe auf den fast 86-jährigen Kunsthändler suchte man in den Medien vergeblich. Dabei war er so etwas wie eine Institution, prägte er den Aufbau des hiesigen Handelsplatzes nach dem Zweiten Weltkrieg doch entscheidend mit.

Im Anschluss an eine Vergolder-Lehre hatte er 27-jährig mit dem Verkaufserlös einer geerbten goldenen Taschenuhr und einem Kredit, so ist es überliefert, 1953 in der Dorotheergasse 14 sein erstes Geschäft eröffnet. Ende der 1960er-Jahre kam der Standort Bräunerstraße hinzu.

Legendär waren Hofstätters kaufmännisches Geschick und seine flink vom Brummigen ins Ruppige changierende Art. Mythen rankten sich um sein privates Refugium, ein mit Erlesenem aller Art ausgestattetes Palais oberhalb der Strudlhofstiege. Und wiewohl Autodidakt, attestierten ihm selbst Konkurrenten ein instinktiv auf Qualität gedrilltes Auge. Zuletzt blühte all das eher im Verborgenen. Seine Ex-Frau Ingeborg, die trotz der Scheidung die engste Geschäftspartnerin geblieben war, sowie deren Sohn, den er vor zehn Jahren adoptierte, führten den Betrieb.

Daran wird sich in nächster Zeit nichts ändern. Nun tritt der 30-Jährige offiziell das Erbe an, wozu neben dem rund 5000 Werke umfassenden Nachlass auch das Wissen gehört, als Generalist unter der wachsenden Schar der Spezialisten ein Alleinstellungsmerkmal zu genießen. Denn die an den genannten Standorten und in Lagern verwahrte "Ware" reicht von spätmittelalterlichen Tafelbildern und Skulpturen über Möbel, Fayencen, Silber und Tapisserien bis zu Gemälden aller Jahrhunderte. Je breiter das Repertoire, desto größer der Kundenkreis.

Genau hier gedenkt der Junior anzuknüpfen, auch mit der Öffnung für das 20. und 21. Jahrhundert, wozu demnächst das erste Geschäftslokal seines Vaters revitalisiert wird. Und ja, nach längerer Absenz, sind auch wieder Messebeteiligungen geplant, allerdings nicht in Wien oder Salzburg, sondern in München und London.

Kredenzmysterium

Davor setzt man ein Lebenszeichen und lässt eine Quintessenz dessen versteigern, wofür der Name Hofstätter steht. Exakt 51 Objekte, die am 17. Mai etwa drei bis vier Millionen Euro einspielen sollen. Geldmangel, versichert Anton Hofstätter, sei nicht der Grund, dann müsse er ja mehr verkaufen. Eine Hommage soll und wird es sein. Wer den attraktiven Deal an Land zog? Nun, weder das Dorotheum noch "im Kinsky", auch nicht Christie's oder Sotheby's, sondern Lempertz in Köln. Ein Familienbetrieb, kein Apparat, mit einem internationalen Aktionsradius, der auch nach Belgien, Holland und Frankreich reicht, dazu nennenswerte Erfolge im zugehörigen Angebotssegment.

Zu den Höhepunkten gehören ein Gemälde des Utrechter Caravaggisten Gerrit Honthorst (Der standhafte Philosoph, 0,8-1,2 Mio. Euro) oder eine bislang unbekannte Version von Jacob Jordaens Allegorie der Wissenschaft (300.000-350.000). Dazu gehört auch ein in das 17. Jahrhundert datierte Meisterwerk aus einer siebenbürgischen Silberschmiede-Werkstatt (80.000- 100.000): eine teilweise vergoldete Kredenz mit ziseliertem Groteskendekor und plastischen Faunsbüsten.

Eine Kredenz? Kein Versehen, bestätigt Lempertz. Seltsam, denn darunter versteht man hierzulande anderes, wie eine Blitzumfrage ergab: ein Möbel, so der einhellige Tenor, zumeist in Küchen beheimatet, in dem zwischen Kaffeehäferln Großmutters Marmelade zu vergammeln drohte, während Eierlikör- oder Schnapsvorräte auf rätselhafte Weise verdunsteten.

Fantasievollere Zeitgenossen wähnen hinter dem Begriff bestenfalls weibliche Wesen, die ihnen was auch immer kredenzen. Aber eine international auch als Tazza geläufige Aufsatzschale? Nun, bisweilen müssen sich Generalisten offenbar auch von Spezialisten belehren lassen. (DER STANDARD, 26.4.2014)