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Hannes Kartnig am Mittwoch vor Gericht.

Foto: APA/HANS KLAUS TECHT

Wien - Die Zeiten der Wortgewalt sind für Hannes Kartnig offenbar vorbei. "Ich schließe mich den Ausführungen meines Verteidigers an. Es tut mir leid, dass mir einige Fehler passiert sind", sind die einzigen Sätze, die der wegen Steuerhinterziehung und Betrugs angeklagte ehemalige Präsident des SK Sturm Graz am Ende der Berufungsverhandlung vor dem Obersten Gerichtshof sagt. Zwei Stunden lang hat er gemeinsam mit acht Mitangeklagten emotionslos den Ausführungen von Generalanwalt Martin Ulrich und den Verteidigern gelauscht. Die für ihn gar nicht so ungünstig waren.

Denn auch der Ankläger ist, eher ungewöhnlich, der Meinung, dass an den Urteilen des Landesgerichts Graz manches nicht stimmt. Zu fünf Jahren Haft und 6,6 Millionen Euro Geldstrafe - oder weiteren eineinhalb Jahre Gefängnis - hatte der Schöffensenat vor mehr als zwei Jahren den 62-jährigen Kartnig verurteilt. Konkret, weil er gut zehn Millionen Euro Steuern und Abgaben hinterzogen haben soll, was nach dem Finanzstrafgesetz verfolgt worden ist. Dafür gab es zwei Jahre und 6,6 Millionen Euro oder 18 Monate. Und weil er versucht haben soll, das Land um 1,2 Millionen Euro zu betrügen. Und zwar, indem er in Gesprächen mit dem zuständigen Landesrat eine Haftungsübernahme für diese Summe erreichen wollte, obwohl er wusste, dass Sturm kein Geld mehr hatte. Die Strafe hierfür: drei Jahre Haft.

Schwarze Gehälter, getürkte Besucherzahlen

Laut Ulrich war der Strafrahmen bei der Steuerhinterziehung allerdings falsch bemessen worden, bei der Strafhöhe sei der Nichtigkeit daher stattzugeben. Und bei einigen anderen Angeklagten ortet er das Problem, dass sich das Grazer Gericht zu wenig damit befasst hat, dass diese von Kartnig entlastet worden sind. Der hatte nämlich beim Prozess klargestellt, dass diese nichts von Malversationen wie schwarz bezahlten Spielergehältern und getürkten Besucherzahlen gewusst hätten. Den Großteil der Urteile hält er aber für in Ordnung, beziehungsweise folgt er den Wünschen der Staatsanwaltschaft Graz.

Ein klein wenig könnte sich der Hauptangeklagte im Großen Verhandlungssaal des Justizpalasts an glorreichere Zeiten erinnert fühlen. Der Ankläger trägt einen Talar mit rotem Kragenbesatz, der Farbe des städtischen Erzrivalen GAK. Die Verteidiger entbieten dagegen mit ihrem schwarzen Besatz quasi den "Blackies" von Sturm ihre Ehre. Die Zuschauerplätze sind gut gefüllt, während vor ihnen die Angeklagten gegenüber den Höchstrichtern an der analogistischen Seitenlinie sitzen.

Der Vergleich ist deswegen nicht ganz unpassend, weil Kartnigs Verteidiger Roland Kier seine Verteidigungslinie auf der Fußballleidenschaft seines Mandanten aufbaut. "Warum hat Herr Kartnig so gehandelt? Es geht um ganz andere Motive als normalerweise bei Wirtschaftsdelikten. Hier ging es nicht um Selbstbereicherung, sondern hier hat jemand Enthusiasmus für einen Fußballverein entwickelt."

Vom Enthusiasmus zum Teufelskreis

Ein Enthusiasmus, der sich laut Kier zum "Fanatismus" steigerte und schließlich zum "Teufelskreis" führte. Kartnig sei überzeugt gewesen, "es muss in der Steiermark einen Fußballmeister geben". Das Ziel wurde ebenso wie die Champions League erreicht, nur mit - nun ja - steuerschonenden Mitteln. Die Gehälter der Spieler wurden teilweise schwarz ausgezahlt. "Das war aber nicht die Erfindung des Herrn Kartnig. Das Engagement der meisten Spieler wäre anders nicht möglich gewesen", argumentiert der Verteidiger.

Als es sportlich bergab ging, agierte Kartnig dann wie ein schlechter Aktienhändler oder Spielsüchtiger: Er stieg nicht rechtzeitig aus. Denn um zurück auf die Erfolgsstraße zu kommen, wurde noch mehr in Spieler investiert, die keine Wende brachten. Kier hält auch die Strafe für unverhältnismäßig hoch.

Nach gut zweistündiger Beratung verkündet der 13. Senat unter Vorsitz von Kurt Kirchbacher seine differenzierten Urteile. Für Hannes Kartnig wird ein Teil der Strafe reduziert. Im Fall der Finanzvergehen sind es 15 Monate unbedingt plus 5,5 Millionen Euro Geldstrafe - oder weitere 15 Monate in der Zelle. Im Falle des Betruges muss ein Detailaspekt in Graz neu verhandelt werden - die Verurteilung zu drei Jahren Haft wurde daher aufgehoben, könnte beim neuen Versuch aber sogar höher werden.

Auch die Strafen dreier Mitabgeklagter werden leicht reduziert, für den ehemaligen Sportdirektor Heinz Schilcher bleibt es aber dabei: Er muss 1,9 Millionen Euro Strafe zahlen. (Michael Möseneder, derStandard.at, 23.4.2014)