Epileptische Enzephalopathien sind schwere Krankheiten, die schon bei Babys auftreten. Sie gehen mit einer gestörten Reifung des Gehirns sowie mit einer Beeinträchtigung der geistigen und manchmal auch der motorischen Entwicklung einher. Meistens treten die Krampfanfälle zuerst in Zusammenhang mit Fieber auf und lassen sich in der Regel nicht therapieren.

Mutationen gefunden

Eine schon länger bekannte Form der frühkindlichen epileptischen Enzephalopathie ist das Dravet-Syndrom. Es tritt bei etwa einem von 30.000 Kindern auf und wird durch Mutationen am Natriumkanal-Gen SCN1A ausgelöst. Bei vielen Kindern, deren Krankheit dem Dravet-Syndrom ähnelt, liegen jedoch keine Mutationen in SCNA1 vor. Es müssen also andere Gene für diese frühkindliche Form der Epilepsie verantwortlich sein.

Auf der Suche nach neuen Krankheitsgenen für frühkindliche epileptische Enzephalopathien sind Wissenschaftler aus Paris und Würzburg nun fündig geworden. Im Erbgut von fast 200 betroffenen Kindern, bei denen Mutationen im SCNA1-Gen bereits ausgeschlossen waren, entdeckten sie in sechs Fällen die krankheitsverursachenden Mutationen an einem anderen Ionenkanal-Gen, bei HCN1. Diese dominanten Mutationen entstehen bei der Bildung der elterlichen Keimzellen jeweils neu; in den Körperzellen der Eltern sind sie nicht vorhanden.

Schlüsselrolle bei Epilepsien

"Der von dem Kationenkanal HCN1 getragene elektrische Strom wird auch als 'Schrittmacher' bezeichnet, da er in spontan aktiven Nervenzellen die rhythmische Aktivität fördert", sagt Thomas Haaf, Leiter des Instituts für Humangenetik der Universität Würzburg. Tiermodelle hätten bereits vermuten lassen, dass dieser Kanal bei Epilepsien eine Schlüsselrolle spielt. Bei Patienten waren jedoch bisher keine entsprechende Mutationen gefunden worden

Die Krampfanfälle bei Kindern mit Mutationen im HCN1-Gen sind anfangs kaum vom Dravet-Syndrom zu unterscheiden, im weiteren Verlauf aber schon: "Es kommt dann vermehrt zu atypischen Anfällen. Alle betroffenen Kinder zeigen eine Intelligenzminderung und Verhaltensstörungen, autistisches Verhalten eingeschlossen", sagt Haaf. Bis zu einer Therapie anhand der neuen Erkenntnisse sei es zwar noch ein weiter Weg, aber schon jetzt würden die Ergebnisse bei der Diagnosestellung von Nutzen sein, so der Forscher. (red, derStandard.at, 23.4.2014)