Wien - Am Wiener Straflandesgericht hat am Mittwoch der Untreueprozess rund um den Konkurs der börsennotierten Internetfirma Yline begonnen. Das Schöffengericht wird von Richterin Marion Zöllner geleitet, Ankläger ist Staatsanwalt Alexander Marchart. Elf Angeklagte müssen sich verantworten.

Yline sei "mehr Schein als Sein" gewesen, führte der Staatsanwalt aus. Das Unternehmen sei nicht darauf ausgerichtet gewesen, reale Umsätze zu generieren, sondern in der Öffentlichkeit ein möglichst gutes Bild zu erzeugen, um Kapital einzusammeln. "Es gab keine Umsätze, es kam kein Geld herein", so Machart. Stattdessen habe man auf neues Kapital durch Kapitalerhöhungen gesetzt.

Die erworbenen Beteiligungen seien de facto wertlos gewesen und hätten auch keine Umsätze hereingebracht. YLine sei eigentlich schon zu Jahresende 2000 zahlungsunfähig gewesen, zumindest aber im Jänner 2001. Statt aber dann, wie es das Gesetz verlange, die Reißleine zu ziehen und einen Konkurs zu beantragen, seien weiterhin Aktivitäten gesetzt worden, um den Aktienkurs zu pushen. Immer, wenn das gelungen sei, habe man versucht, eigene Aktienpakete möglichst gewinnbringend zu verkaufen. Das "Kartenhaus" Yline sei immer höher gebaut worden, aber es sei nichts unternommen worden, um das Ganze gegen einen Einsturz zu sichern, so der Ankläger.

Kein Spektakel

Werner Böhms Verteidiger hat in seinem Plädoyer naturgemäß die Unschuld seines Mandanten betont. Er hoffe, dass in einem fairen Verfahren gelingen werde, die Schöffen von der Unschuld Böhms zu überzeugen, so Böhm-Anwalt Oliver Scherbaum.

Es gehe bei diesem Strafverfahren nicht darum, ein Spektakel zu veranstalten, sondern nach 13 langen Jahren die Geschichte von YLine aufzuarbeiten. Böhm habe selbst im September 2001 den Konkursantrag eingebracht. Im selben Jahr hätte dies 5.000 andere Unternehmen ebenfalls gemacht, genau so in den Jahren davor und danach.

Gründe für Insolvenzen gebe es viele, wie Fehleinschätzungen über erwartete Entwicklungen oder erwartete Forderungsausfälle. Deswegen seien aber die wenigsten dieser Insolvenzfälle strafbar, und das zu recht, betonte der Böhm-Anwalt. Dass eine gewisse Bereitschaft zu wirtschaftlichem Risiko am Markt zu respektieren und sogar notwendig sei, habe auch der Gesetzgeber festgehalten, und dies sei nicht strafbar.

Rückblick

Im Herbst 2001 ist die Firma von Werner Böhm in Konkurs gegangen. Allein der durch die Untreuhandlungen bei der Yline verursachte Schaden beläuft sich laut Anklageschrift auf über 26 Millionen Euro. Hauptangeklagter ist Ex-Firmengründer und Ex-Firmenchef Werner Böhm. Der heute 49-Jährige hat alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe immer bestritten.

Der Masseverwalter hatte 2002 Anzeige erstattet. Fertiggestellt wurde die Anklage nach jahrelangen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, die die Causa erst mit ihrer Gründung im September 2011 übernommen hatte. Ende 2012 lag dann die Anklage vor. Nach Einsprüchen dagegen stellte das Oberlandesgericht Wien das Verfahren gegen einen der ursprünglich zwölf Angeklagten wegen Verjährung der Vorwürfe ein.

Ex-Firmenchef ohne Einkommen

Böhm gab am Mittwoch vor Gericht an, kein Einkommen und kein Vermögen zu haben. Er sei nicht erwerbstätig und beziehe auch keine Arbeitslosenunterstützung. Die zehn weiteren Angeklagten neben Böhm waren in verschiedenen Funktionen, als Vorstände, Aufsichtsräte und Wirtschaftsprüfer bei Yline tätig. Die Anklagevorwürfe lauten auf Untreue, gewerbsmäßigen schweren Betrug, grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen und Insiderhandel.

Zu Prozessbeginn wurde Werner Hallas neu zum Sachverständigen bestellt. Der bisherige Sachverständige Thomas Keppert sei erkrankt, so die Richterin. Im Verfahren sind zahlreiche Verhandlungstermine bis Juni angesetzt.

Insolvenzverfahren beendet

Das Insolvenzverfahren ist mittlerweile beendet. Der Konkurs wurde im September 2001 eröffnet und im September 2011 aufgehoben. Im Insolvenzverfahren zahlte die FPÖ unter Parteichef Heinz-Christian Strache nach fünfjährigem Rechtsstreit 2007 in einem Vergleich 580.000 Euro Honorar an die Masse. Yline hatte 15 Monate vor Konkurseröffnung einen Webseitenvertrag mit der damaligen FPÖ abgeschlossen, wonach sie den blauen Internetauftritt (die Einrichtung einer Homepage, deren Betreuung samt Content-Management-System) übernehmen sollte.

Die Yline-Tochter FirstInEx hatte die Homepage des Finanzministeriums unter dem damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser gestaltet sowie dessen umstrittene, von der Industriellenvereinigung mitfinanzierte Website des "Vereins zur Förderung der New Economy". Böhm selber ließ später laut Medienberichten verlauten, er habe ein Angebot der FPÖ, das Infrastrukturministerium zu übernehmen, ausgeschlagen.

Insolvenz

Im September 2001 war das Unternehmen insolvent. Noch im Juni 2001 hatte die US-Investmentbank Lehman Brothers zum aggressiven Kauf der Yline-Aktie geraten. Yline sei nie vom Gedanken geleitet gewesen, "Geld zu verdienen", "sondern vielmehr darauf bedacht gewesen - insbesondere durch die Aufnahme von Eigenkapital am Kapitalmarkt - eine geeignete Finanzierung der laufenden Aufwendungen sicherzustellen", begründete der Masseverwalter im Jahr 2002 seine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft im Auftrag der Yline-Gläubiger. Im Zuge des Yline-Konkurses wurden insgesamt 25,5 Millionen Euro an Passiva anerkannt. (APA/red, derStandard.at, 23.4.2014)