Manuela Marin blickt gern über den Tellerrand.

Foto: Christian Valuch

Die Musikpsychologin Manuela Marin ist lieber breit aufgestellt, als wissenschaftlich überspezialisiert. Entsprechend oft sagt sie: "Darüber würde ich auch gerne forschen" oder "Das möchte ich noch lernen". Vom Blick über den Tellerrand hat sie stets profitiert - und die Studierenden danken es ihr, dass sie den Begriff Interdisziplinarität mit Leben füllt.

Die 34-jährige Weststeirerin hält für eine akademische Karriere Struktur und Planung genauso wichtig wie Kreativität und Flexibilität. Für eine Doktorandin hat sie schon viel (internationale) Erfahrung als wissenschaftliche Mitarbeiterin vorzuweisen. Dazu einige hochrangige Publikationen zu den Themen Musik und Emotion, empirische Ästhetikforschung, Erleben rauschartiger Flow-Zustände bei Musikern, angeborene Amusie (das ist die gestörte Wahrnehmung von Musik und deren Folgen) sowie Musik und Sprache.

Seit 2011 ist Marin Universitätsassistentin am Institut für psychologische Grundlagenforschung und Forschungsmethoden der Uni Wien und kümmert sich nicht nur um Diplomanden, sondern auch um ihre eigene Doktorarbeit. Darin prüft sie, ob Theorien aus der visuellen Ästhetikforschung auch auf die musikalische Wahrnehmung anwendbar sind.

Schon in der Schule liefen bei ihr musisches und naturwissenschaftliches Interesse parallel, wiewohl Grundlagenforschung zunächst kein Berufsziel war, eher die Beschäftigung mit Wissen im Sinne von Neugierde und sorgfältigem Hinterfragen, wie etwas funktioniert.

Marin studierte systematische Musikwissenschaft mit Schwerpunkt Musikpsychologie sowie Lehramt Englisch und Physik an der Uni Graz. Parallel belegte sie Querflöte und Klavier am Konservatorium. Letztlich hatte sie zuviel Scheu vor dem Lehrberuf und absolvierte noch einen Master in Forschungsmethodik am Department of Psychology der Goldsmiths University in London. Ein halbes Jahr verbrachte sie zudem am Music Research Department der Schulich School of Music in Montreal.

Allein auf weiter Flur

Als Musikpsychologin ist sie im Musikland Österreich vergleichsweise allein. Das Fach sei hierzulande eher im Aufbau. Es ist daher naheliegend, dass sie sich mehr musikpsychologische Forschung auf internationalem Niveau wünschen würde. Am Institut für psychologische Grundlagenforschung beschäftigt sie sich derzeit als Einzige primär mit auditiven statt mit visuellen Reizen.

Ihre aktive Zeit als Amateurmusikerin ist vorbei. Wenn sie sich heute ans Klavier setzt, wählt sie die Passagen ebenso sorgfältig aus wie die akustischen Reize für ihre Experimente: "Ich komme nicht genug zum Üben, um mir selbst gerne zuzuhören." Ein neues Instrument - etwa Cello - wäre eine Möglichkeit, meint sie. Da könnte sie mit sich toleranter sein. Sie schätzt dessen Klangfarbe wie viele andere Menschen - auch darüber würde sie übrigens gerne forschen.

Das viele Sitzen kompensiert sie mit beinhartem Bodyfit-Training. Da sind dann auch noch einige Stunden in Wiens Konzertsälen möglich. Regelmäßig fährt sie zu ihrer Familie nach Deutschlandsberg und entspannt nach arbeitsintensiven Phasen gemeinsam mit ihrem Freund (ebenfalls Forscher) auf Städtetrips - selbstverständlich mit viel Kulturprogramm. (Astrid Kuffner, DER STANDARD, 23.4.2014)