Trial beschwört das Spiel mit der Schwerkraft. Hier spielt der mehrfache Weltmeister Adam Raga.

Foto: www.adamraga.com

Verwunderung im Publikum, beim Veranstalter, bei den Kommentatoren. Ein gewisser Herr Teddy Blazusiak gewinnt 2007 das Erzberg-Rodeo, das angeblich härteste ­Endurorennen der Welt. Vor zwei Tagen noch wusste niemand, wer dieser Mann ist, und jetzt ist er der schnellste einer Handvoll Piloten, die den Berg aus Eisen überhaupt bezwingen können – und das bei einem Starterfeld, das mit internationalen Motocross- und Enduro-Stars nicht nur erlesen, sondern mit 1500 Startern auch noch richtig groß ist.

Nur ein paar eingeschworene Trialfans kannten den polnischen Trialstaatsmeister, der kam, sah und gleich mehrere Jahre hintereinander siegte oder zumindest ins Spitzenfeld fuhr. Heute, sieben Jahre nach seinem ersten Sieg am Erzberg, und seinen Siegen 2008, 2009, 2010 und 2011, zählt er immer noch zu den wenigen Favoriten.

So eine Ausnahmeerscheinung gibt es auch in Österreich. Erich Brandauer ist Steinmetz und hat die entsprechende Figur. Er ist kräftig gebaut und groß. Tower of Power nennen ihn seine Fans. Wer ihm nur flüchtig begegnet, würde diesem Mann nicht einmal zutrauen, über einen Weinberg runterfahren zu können – in Wirklichkeit ist Brandauer zwölffacher Trialstaatsmeister. Wenn er fährt, hat die Physik einfach einmal Pause. Mit seinen über 100 Kilogramm springt er heute mit Enduros um, als gäbe es keine Schwerkraft, sondern nur viele durchsichtige Nylonbänder und einen komplett irren Choreografen, der diese Strippen zieht. Gelernt hat er diese Fertigkeit stehend: im Trialsport.

Die Kunst der Überwindung

Trialfahren, das ist die hohe Kunst der Motorradbeherrschung. Im Grunde geht es darum, Hindernisse mit einem Motorrad zu überwinden. Bei Be­werben wie der Staatsmeisterschaft gibt es Strafpunkte für jedes Mal, wenn man auf einem ausgesteckten Kurs mit dem Fuß den Boden berührt. Stehenbleiben aber darf man jederzeit. Das machen Trialfahrer auch oft. Sie stehen auf ihrem Motorrad, das ohnedies keine Sitzbank hat; beide Füße auf den Rasten. Sie starren auf das Hindernis vor ihnen – und irgendwann lassen sie die Kupplung schnalzen, die Maschine hebt ab wie von der Tarantel gestochen und fliegt im Idealfall über den Stein, das Auto, die Palettensammlung – was auch immer.

Was aussieht, als wäre es kinderleicht, ist in Wahrheit aber hochkompliziert. Richard Hitzler etwa, selbst einige Male Trialstaatsmeister, zeigt das Interessierten gerne. In Wien, am Albaner Hafen, hat er seine Trialschule. Dort mietet man nicht nur ihn als Trainer, sondern auch gleich das passende Motorrad dazu – samt Helm und Protektoren, wenn es sein soll. Und dann merkt man, beim ersten Achter, den man in der Wiese fahren soll, dass der hüfthohe Stein, der nur wenige Meter weiter steht, mehr als eine Herausforderung für den Nachmittag ist. 

Mehrere Trainingsplätze

Trials setzt auch der ÖAMTC bei komplexeren Motorradtrainings ein – weil man auf den extrem leichten Motorrädern am besten lernt, was passiert, wenn man eine Fußraste belastet, wenn man das Gas zu schnell aufreißt oder wie sich ein paar ­Meter im Offroad anfühlen – falls die Kurve einmal im Grün endet.

Apropos Grün: Während man früher zum Trialfahren einfach in den nächsten Wald abbog, empfiehlt sich das heutzutage nicht mehr, wenn man nicht Besitzer und/oder Förster dieses Waldes ist – oder zumindest direkter Nachfahre des Obengenannten. Dafür gibt es inzwischen eine kleine Auswahl von Trialtrainingsplätzen, die – wie etwa am Salzstiegl in der Steiermark – groß und abwechslungsreich sind oder wie bei Joe Lechners Terra X-Dream in Ampflwang technisch fordernd. 

Anfänger sind gerne gesehen

Die Trialschule von Hartwig Kamarad in Ohlsdorf eignet sich auch hervorragend für Jugendliche, weil die Trainer dort viel Erfahrung mit Nachwuchssportlern haben. Und dann gibt es natürlich noch die Staatsmeisterschaft, in der man auch als Anfänger gerne gesehen ist. Neben der Spur, wo sich die Profis ausmachen, wer der künftige Staatsmeister wird, gibt es auch einfache Trails für wirk­liche Anfänger. Zudem hilft jeder Fahrer gerne weiter, wenn jemand Hilfe braucht.

Für die Feinschmecker, jene, die eine alte Bultaco oder Fantic noch ihr Eigen nennen oder erstanden haben, gibt es den A-Cup, einen Bewerb für historische Trialmotor­räder. Ziemlich spleenig, ziemlich eigen, sehr sympathisch – wie auch der Veranstalter Alfred Wagner. Schon allein das Zuschauen lohnt. Der Eintritt für Gäste bei den Rennen des A-Cup und der Staatsmeisterschaft ist stets frei. (Guido Gluschitsch, DER STANDARD, Rondomobil, 12./13.4.2014)