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Auch mehr als 24 Stunden nach dem Unglück lief die Rettungsaktion weiter. Einsatzkräfte hatten die ganze Nacht lang nach den vermissten Passagieren der "Sewol" gesucht.

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Rettungsboote umkreisten den letzten Teil des Rumpfes, bevor das Fährschiff komplett sank. 

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Erste Aufnahmen zeigten die 6.800-Tonnen-Fähre mit schwerer Schlagseite.

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Das Fährschiff auf einem undatierten Pressefoto.

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Seoul – Einen Tag nach dem Kentern der Fähre "Sewol" mit 462 Menschen an Bord vor der Südwestküste Südkoreas waren am Donnerstag nach Angaben der Küstenwache immer noch rund 290 Personen vermisst. Die meisten von ihnen waren Schüler, die mit ihren Lehrern einen Ausflug zur Urlaubsinsel Jeju machen wollten. Die Suche wurde zwar fortgesetzt, starke Strömung und schlechte Sicht erschwerten jedoch die Arbeiten. Neun Personen wurden bisher tot geborgen.

179 Menschen konnten bei der großangelegten Rettungsaktion in Sicherheit gebracht werden. Die Hoffnung, weitere Überlebende zu bergen, schwand aber zusehends. Warum die 20 Jahre alte Fähre bei offenbar ruhiger See gekentert war, blieb zunächst unklar.

Lautes Geräusch

"Alles war ideal. Dann gab es ein lautes Geräusch, Frachtteile stürzten um", berichtete Cha Eun-ok in der Stadt Jindo, die der Unglücksstelle am nächsten liegt. Cha war an Deck und fotografierte, als das Unglück seinen Lauf nahm. "Es wurde durchgesagt, dass die Leute an Ort und Stelle bleiben sollten", sagte sie. "Aber wer blieb, saß in der Falle."

Trauernde Eltern von vermissten Schulkindern kritisierten die südkoreanische Regierung. Diese soll mit der Entsendung von Rettungskräften zu lange zugewartet haben. Auch die mangelhafte Informationspolitik wurde von Eltern kritisiert.

Die "Sewol" war am Mittwoch 20 Kilometer vor der Küste in Seenot geraten und hatte einen Notruf abgesetzt. Die Fähre bekam Schlagseite, kenterte und lag Kiel oben im Wasser. Schließlich ragte nur noch ein kleiner Teil des Bugs heraus. Augenzeugen sagten, viele Vermisste befänden sich vermutlich noch im Rumpf der Fähre, die auch 150 Fahrzeuge an Bord hatte.

Rund 100 Schiffe der Küstenwache, der Marine und Fischerboote eilten zu Hilfe. Retter zogen Schiffsinsassen mit den Händen aus dem Wasser. Fast 20 Hubschrauber waren im Einsatz und hievten Menschen mit Seilwinden aus dem Meer. Taucher versuchten, in den weitgehend überspülten Rumpf der Fähre vorzudringen, mussten aber wegen hoher Wellen ihre Suche unterbrechen. Rundherum schwammen Trümmerteile.

Für Verwirrung sorgten widersprüchliche Angaben über die Zahl der Passagiere und Überlebenden. Zunächst sprach die Regierung von 477 Menschen an Bord, 368 Geretteten und rund 100 Vermissten. Später räumte sie ein, dass den Angaben ein Rechenfehler zugrunde liege: Einige Passagiere seien doppelt gezählt worden. Was anfangs wie eine weitgehend erfolgreiche Rettungsaktion aussah, droht nun eine der größten Schiffskatastrophen der letzten 20 Jahre in Südkorea zu werden.

"Ich will meinen Sohn sehen"

Bei den Angehörigen der Vermissten kamen zur Verzweiflung noch Wut und Ärger über die Behörden. Zornig gingen sie auf Lokalpolitiker und Journalisten los, die bei einem Notlazarett mit Überlebenden sprechen wollten. In einer Turnhalle saßen Schiffbrüchige in Decken gehüllt auf dem Fußboden. Eine Frau lag auf einer Trage, sie zitterte am ganzen Leib. Ein Mann schluchzte laut, während er in sein Mobiltelefon sprach.

"Es ist, als stürzte die Welt ein", sagte ein verzweifelter Vater, dessen 17-jähriger Sohn vermisst wurde. "Ich will jetzt meinen Sohn sehen." Eine Mutter hatte mehr Glück. Ihr Sohn habe ihr eine SMS geschrieben, dass er wohlauf sei, sagte sie. "Als ich das gelesen habe, dachte ich, mir bleibt das Herz stehen."

Rund 340 Passagiere waren Schüler und Lehrer der Danwon-Schule in Ansan, einer Vorstadt von Seoul. Ein Vertreter der Schule berichtete, alle 338 Schüler und Lehrer an Bord hätten das Fährunglück überlebt. Doch diese Angaben konnten weder von der Küstenwache noch von anderen Behörden bestätigt werden.

Starker Nebel

Die See war Rettungskräften zufolge ruhig. In der Nacht war nördlich der Unglücksstelle starker Nebel gemeldet worden. Zahlreiche Fährverbindungen waren deswegen gestrichen worden. Es gab Berichte, dass die "Sewol" vom Kurs abgekommen sei. Doch die Koordinaten der Unglücksstelle, die die Hafenbehörden nannten, lagen nicht weit entfernt von der üblichen Route.

Mehrere Überlebende sprachen von einem lauten Schlag, bevor die Fähre kenterte. Ein Besatzungsmitglied eines staatlichen Rettungsschiffes berichtete, ein Mitglied der Fähren-Crew habe ihm gesagt, dass es im Unglücksgebiet kein Riff und keine gefährlichen Klippen gebe. Grund des Katastrophe sei vermutlich irgendeine Fehlfunktion der Fähre.

Die "Sewol" der Reederei Chonghaejin Marine war am Dienstag vom Hafen Incheon 30 Kilometer westlich der südkoreanischen Hauptstadt Seoul ausgelaufen. Die Fähre war für rund 900 Menschen zugelassen. Sie ist 146 Meter lang und wurde 1994 in Japan gebaut. (APA, 17.4.2014)