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Ob Frauen diese Bartkreation - gezeigt bei den Bart-Weltmeisterschaften 2013 - sexy finden, ist unbekannt. Generell gilt aber: Wer haartechnisch aus der Reihe tanzt, gilt als attraktiver.

Foto: APA/Franziska Kraufmann

Sydney/Wien - In letzter Zeit ist er wieder schwer in Mode geraten, der Vollbart. Das geht längst so weit, dass modebewusste junge Männer mit dem Bartwuchs von Milchbubis ästhetische Chirurgen aufsuchen, um sich Haarfollikel an die entsprechenden Stellen verpflanzen zu lassen. Schließlich vermutete schon Charles Darwin, selbst Träger eines imposanten Vollbarts, dass sich männliches Gesichtshaar als Zierde evolutionär herausbildete.

Einer der heute führenden Bartforscher ist der Evolutionsbiologe Barnaby Dixson von der Universität von New South Wales in Sydney. Im Jahr 2011 legte er mit dem Neurowissenschafter Paul Vasey - so wie Dixson Träger eines Vollbarts - im Fachblatt "Behavioral Ecology" eine erste Studie darüber vor, ob Männer mit behaarten Gesichtern tatsächlich als attraktiver wahrgenommen werden. Ihr Ergebnis: Vollbärte machen Männer zwar älter und verleihen ihren Trägern höheren Status - aber keineswegs höhere Attraktivität.

Doch das war nur der Anfang von Dixsons Bartstudien. Die nächste Untersuchung führte er mit Robert Brooks durch. Die beiden befragten im Jahr 2013 insgesamt 351 Frauen und 177 heterosexuelle Männer, wie sie glattrasierte Gesichter, solche mit einem Fünftagesbart, einem Zehntagesbart oder einem Vollbart einschätzten. Bei dieser Studie (veröffentlicht in "Evolution and Human Behavior") kam heraus, dass Frauen jene Männer am attraktivsten fanden, die einen Zehntagesbart trugen. Männer mit Bart wurden auch als maskuliner eingeschätzt; zudem schätzten Frauen sie als familiär fürsorglicher ein. Bartlose und vollbärtige Männer schnitten in etwa gleich gut ab, Fünftagesbartträger sehr schlecht.

Die Ergebnisse dieser beiden Untersuchungen waren etwas widersprüchlich, weshalb Dixson nun einen neuen Anlauf unternahm - diesmal unter Berücksichtigung des "Kontexts". Denn ein kleiner Blick zurück in die Geschichte macht klar, dass die Bartmode je nach Kultur und Zeit starken Schwankungen ausgesetzt war: Vollbärte etwa waren Ende des 19. Jahrhunderts besonders en vogue, um den Ersten Weltkrieg dagegen eindeutig Schnurrbärte.

Für seine aktuelle Untersuchung ließ sich Dixson eine neue Versuchsanordnung einfallen: Beurteilt werden sollten wieder die vier Gesichtsbehaarungstypen aus dem Jahr 2013 - und zwar anhand von vier unterschiedlich bärtigen Porträtfotos ein und desselben Mannes. Doch diesmal wurden die Fotos in mehreren Reihen zu je zwölf Bildern gezeigt - und zwar 1453 bi- oder heterosexuellen Frauen, die im Schnitt 26 Jahre alt waren, sowie 213 heterosexuellen Männern mit Durchschnittsalter 28.

Selten und neu ist attraktiv

Wie Dixson und Kollegen im Fachblatt "Biology Letters" berichten, hing die Attraktivität der Gesichter diesmal in erster Linie davon ab, ob die Behaarung aus der Reihe fiel. Anders formuliert: Standen viele leicht- oder vollbärtige Gesichter zur Auswahl, erschienen die wenigen glattrasierten als sexy. Zeigten die meisten Bilder glattrasierte Gesichter, wurden die mit Bart als attraktiver empfunden.

Damit scheinen die Widersprüche aus den früheren Studien erklärbar. Die Ergebnisse sind aber auch konsistent mit Untersuchungen über die Attraktivität der Haarfarbe von Frauen: Auch da zeigte sich eine Präferenz für das Seltene und Neue. Mit anderen Worten: Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, ehe die Hipster-Vollbärte wieder an Attraktivität verlieren und aus den Männergesichtern verschwinden werden. (Klaus Taschwer, DER STANDARD, 16.4.2014)